31. Dezember 2012

Im Krüger Nationalpark






Dies ist ein kleiner Auszug aus meinem Bericht über den Krüger Nationalpark. Den 
ganzen Bericht mit vielen Fotos  findet man auf meiner homepage 
www.lyrik-am-fluss.de 
unter dem Punkt Reisen.



 

"Die Lage unserer Lodge ist malerisch direkt unter einem Massiv der Drakensberge.  Auf unseren Streifzügen durch das Gelände herunter zum Blyde River begegnet uns die 7-köpfige Zebraherde. Die Tiere grasen friedlich und lassen sich von unserer Gegenwart nicht stören. Am Spätnachmittag sitzen wir in  bequemen dick gepolsterten Sesseln  am Pool und genießen  den Sonnenuntergang bei einem kühlen Drink. Zu dieser Stunde treffen auch  die Zebras ein und geben uns Gelegenheit, sie von allen Seiten zu fotografieren und  ihr Verhalten zu studieren.  Manchmal stehen sie stundenlang, ohne sich zu regen. Nur auf das schmatzende Geräusch des schwarzen Wildhüters hin setzen sie sich sofort in Bewegung und steuern den Futterplatz hinter dem Haus an.

Später  im Park werden wir noch Hunderte von ihnen sehen und unsere Freude an ihnen haben. Zebras bilden übrigens mit Gnus, in Namibia werden diese Tiere Wilde Beast genannt,  eine Gemeinschaft.  So sieht man sie beim Grasen häufig zusammen stehen. Der Grund ist, dass Zebras sehr gute Augen  und Gnus ein ausgeprägtes Gehör haben. Die Kombination dieser beiden Eigenschaften ist  für das Überleben der Tiere  in der Savanne lebenswichtig.  Auch andere wilden Tiere bilden solche Gemeinschaften."







Copyright2012 Gisela Bradshaw 

Unterwegs in Namibia


Unterwegs in Namibia

Weites, leeres Land
Unter sengender Sonne,
Buschsavannen in staubiger Endlosigkeit
Gleiten vorbei auf unsanfter Fahrt.
Ab und zu Zeichen von Leben
In dieser Trostlosigkeit:
Elende Blechhütten auf verdorrtem Grund,
Springböcke, Wüstenelefanten,
Strauße, Herden von Zebras,
Gnus, Kudus
Tauchen auf und
verschwinden wieder am weiten Horizont.
Wasser ist kostbar hier,
Lebenselixier,
Herrscher über Leben und Tod.
Nicht nur die Menschen,
auch die Tiere wissen dies,
handeln entsprechend,
trinken gemächlich
mit Genuss,
machen das Trinken
zur Zeremonie am Wasserloch.
Wir schauen zu,
schweigend,
ergriffen
von solcher Würde. 



Dies ist ein kleiner Auszug aus meinem Reisebericht über meine Safari durch Namibia.  Den ganzen Bericht mit einem Webalbum findet man unter meiner homepage
 www.lyrik-am-fluss.de 

unter  dem Punkt Reisen

Copyright2012 Gisela Bradshaw

24. Oktober 2011

Kanadische Impressionen im Herbst 2011





Kanadische Impressionen

15. September – 6. Oktober 2011


Prologue


Whispering Pines am Sky River

Das Lied
flüsternder Kiefern erklingt
in Wäldern
unfassbar groß
in ihrer Unendlichkeit
mit glitzernden Seen,
die trunken vom Blau des Himmels
sich kräuseln
im warmen Wind
des verblühenden Sommers.
Ich werde eins
mit der atemlosen Stille,
die jäh unterbrochen wird
vom Schrei auffliegender Möwen
nur für einen Herzschlag lang
angesichts der
zeitlosen
immerwährenden
Einsamkeit
der kanadischen Wildnis.

Copyright Gisela Bradshaw

Kanada, Provinzen Ontario und Quebec
Kanada (aus dem Indianischen kanata = sauberes Land) stand eigentlich nur deshalb auf meinem Programm, weil mich familiäre Bande in dieses Land zogen. Mein Sohn, studierter Fachmann für Wasser, lebt und arbeitet in Ontario seit über einem Jahr. Ich kenne Nordamerika nur von einem einzigen Besuch Ende der 80er Jahre, als meine Familie für kurze Zeit in Madison, Wisconsin lebte. Trotzdem erinnere ich mich gut an damals und auch an das Fazit, das ich nach Beendigung des Aufenthaltes von Amerika zog. Die gleiche Meinung vertrete ich auch gegenüber Kanada:
Kanada ist wie Amerika ein großes schönes Land mit einer überwältigend großartigen Natur, vielen schönen Nationalparks und vielen Städten, die ihr eigentliches Konzept als Stadt aufgegeben haben und ihre geschäftlichen Aktivitäten in große, eintönige Malls außerhalb des Stadtkerns verlegt haben. Solch ein Modell funktioniert eventuell bei Großstädten, wo sich neben den Malls noch schöne Zentren mit attraktiven Läden halten können, z.B. Montreal, Quebec, Vancouver.
Ich glaube, dass Städte sterben, wenn sie innerhalb ihrer Mauern den Menschen keine Gelegenheit geben, schön einzukaufen.
Wie immer bestätigen auch hier Ausnahmen die Regel: auf unserer Fahrt durchs Land haben wir einige intakte, schöne kleine Städte gesehen, auf die ich noch zurückkomme.

Zunächst einmal noch ein paar Fakten zu
der Provinz Ontario (aus Wikipedia):
Ontario ist eine Provinz im südlichen Zentrum Kanadas. Sie ist die bevölkerungsreichste und nach Québec die flächenmäßig zweitgrößte Provinz (Nunavut und die Nordwest-Territorien sind zwar größer, aber keine Provinzen). Ontario grenzt an die Provinzen Manitoba im Westen und Québec im Osten sowie an fünf US-Bundesstaaten im Süden.

Hauptstadt Ontarios ist Toronto, die gleichzeitig größte Stadt des Landes ist.
Ottawa, die Hauptstadt Kanadas, befindet sich im Osten an der Grenze zu Québec; im Gegensatz zu vielen anderen Flächenstaaten existiert kein gesonderter Hauptstadtdistrikt. Bei der Volkszählung 2006 wurden 12.160.282 Einwohner gezählt, was 38,5 % der Bevölkerung Kanadas entspricht.

Zu dem Niagara-Escarpement :
Wenn man nach Ontario kommt, hört man immer wieder den Begriff „Niagara Escarpement“. Nachfolgend will ich ein wenig auf diesen Begriff eingehen. Dazu habe ich vorliegende englische Broschüren und Wikipedia in Anspruch genommen:
Die Formation der Bruce Halbinsel begann vor über 400 Millionen Jahren, als noch der gesamte Erdball mit Ozeanen bedeckt war. Abermillionen von Weichtieren (Mollusken), Korallen und andere Tiere des Ozeans mit Kalkschalen starben und fielen auf den Grund des Meeres. Diese in über Millionen von Jahren zusammengepressten Kalksedimente der Knochen bildeten den Dolomitkalkstein, der über der granitenen Felssohle und unter der südlich des *kanadischen Schildes (Erklärung siehe unten *) befindlichen Erde von Ontario liegt. Irgendwann während der zahlreichen Eiszeiten entstand durch tektonische Verschiebungen eine lange Bruchkante in der Kalksteinkruste. Dann wurde diese durch ungeheure Verwerfungen hochgehoben bzw. niedergedrückt, was zur Bildung des so genannten Niagara-Escarpement (Niagara-Schichtstufe) führte.

In dem nachfolgenden Artikel, ebenfalls aus Wikipedia, sind weitere interessante Informationen über diese spektakuläre geologische Formation zu finden.


"Die Niagara-Schichtstufe (engl. Niagara Escarpment) ist eine lang gestreckte Schichtstufe in den USA und in Kanada. Sie verläuft vom Bundesstaat New York über Ontario, Michigan und Wisconsin nach Illinois. Der Hügelzug besteht aus hartem Dolomitgestein an der Oberfläche, darunter liegt eine Schicht mit weichem Schiefergestein. Die Schichtstufe ist nach den Niagarafällen benannt. Im Februar 1990 wurde sie von der UNESCO zum Biosphärenreservat erklärt.

Die Niagara-Schichtstufe ist die markanteste mehrerer Schichtstufen, die sich während der Silurzeit im Grundgebirge im Bereich der Großen Seen gebildet haben. Sie beginnt östlich des Tals des Genesee River bei Rochester und verläuft weiter zum Niagara River, wo sie nördlich der Niagarafälle eine tiefe Schlucht bildet. In Südontario verläuft sie nahe dem Ontariosee über die Niagara-Halbinsel, danach mitten durch die Stadt Hamilton und wendet sich anschließend nach Norden zur Georgsbucht. Sie folgt in Richtung Nordwesten dem Ufer des Huronsees und bildet dabei den Rücken der Bruce-Halbinsel, der Insel Manitoulin und weiterer Inseln. Anschließend setzt sich die Schichtstufe westwärts auf der Oberen Halbinsel von Nordmichigan fort, wendet sich in Richtung Südwesten, folgt der Door-Halbinsel und dem Westufer des Michigansees und endet schließlich nördlich von Chicago."

Kanadisches Schild (lt. Wikipedia):
Der nördliche Teil der Provinzen Saskatchewan, Manitoba, Ontario und Québec sowie fast ganz Labrador befinden sich auf einem ausgedehnten Felssockel, der als Kanadischer Schild bezeichnet wird und fast die Hälfte der Fläche des Landes einnimmt. Der Schild besteht aus erodiertem hügeligem Terrain und weist ein dichtes Gewässernetz auf. Die Entwässerung der Region erfolgt über eine Vielzahl von Flüssen, deren Wasserkraft für die Elektrizitätsgewinnung genutzt wird. Der Schild umgibt ein ausgedehntes Feuchtgebiet, das Tiefland rund um die Hudson Bay. Durchzogen wird er von einzelnen Bergketten wie dem Torngat und den Laurentinischen Bergen. Auf dem Schild kann keine intensive Landwirtschaft betrieben werden. Weite Gebiete sind von borealem Nadelwald bedeckt, der von der Holz verarbeitenden Industrie genutzt wird. Ebenso werden die zahlreich vorhandenen mineralischen Bodenschätze ausgebeutet. Jenseits der arktischen Baumgrenze ist die Region mit Felsen, Eis und Tundrenvegetation bedeckt.

Weiterhin verweise ich auf einen sehr informativen englischen link bezüglich des Niagara Escarpements und den vielen damit verbundenen Wasserfällen.
Unbedingt lesen, weil sehr informativ und schön bebildert:
http://gowaterfalling.com

On the road
Wir hatten uns einen Leihwagen ausgeliehen. Man hatte uns einen nagelneuen Malibu von Chevrolet mit Navigation und Automatikgetriebe gegeben, der sich wie Butter fuhr. Dank des GPS gingen wir in den Weiten und teilweise Einöden der kanadischen Landschaft nie verloren. Die Gegend in Richtung Bruce Peninsula war flach und eintönig. Ab und zu tauchte ein Farmhaus aus, dann war wieder kilometerweit nichts als leeres Land. Wir fragten uns, wie die Leute in dieser Einsamkeit klarkommen? Wo kaufen sie ein, was machen sie, wenn mal einer krank wird?

Ein wunderhübscher Ort, den wir auf unserem Weg zur Georgian Bay gesehen haben, war Stratford-on-Avon (Einwohnerzahl 30 000). Die Geschichte dieser Stadt ist typisch für das multikulturelle Kanada, dessen Kultur von den Menschen anderer Länder geprägt wurde.

So baute im Jahr 18832 ein glühender Shakespeare-Fan (natürlich aus good-old England) an einem kleinen, hübsch gelegenen Fluss ein Hotel und nannte es „Shakespeare-Inn“. Der Ort wurde folgerichtig Stratford-on-Avon genannt. 1953 wurden dann, initiiert von Kaufleuten und Journalisten, mit dem Shakespeare-Drama „Richard III, gespielt sogar von Sir Alec Guiness die inzwischen in Nordamerika berühmt gewordenen Shakespeare-Festivals aus der Taufe gehoben. Das ursprünglich einfache Zelt ist inzwischen vier Bühnen gewichen, auf denen gespielt wird. Über eine Million Besucher werden jedes Mal erwartet.
Die Stadt liegt an dem romantischen Flüsschen Avon, auf dem sich Enten, Schwäne und andere Wasservögel ein friedliches Stelldichein geben. Uralte Trauerweiden tauchen ihre Äste tief in das still vorbei fließende Wasser, und zusammen mit den elegant geschwungenen kleinen Brücken (nur für Fußgänger) bildet das Ganze ein höchst dekoratives Bild. Wir machten einen langen beschaulichen Spaziergang am Fluss entlang und versuchten, den Zauber dieser Idylle mit unserem Fotoapparat einzufangen.

Andere freundliche und lebendige Orte trafen wir an der Georgian Bay, an deren Ostküste wir von Tabermory (nördlichster Teil der Bruce Peninsula Island) aus in südlicher Richtung über Owen Sound mit Ziel Honey Harbour herunter gefahren sind.
Einer davon war Meaford an der wunderschönen Bay, der uns bei der Durchfahrt durch eine ganz besonders auffällige Dekoration auffiel. An allen Ecken der kleinen Stadt waren bunte Strohpuppen angebracht, selbst an offiziellen Gebäuden hingen sie, teilweise kopfüber herab. Ein Mann, den wir nach dem Grund dieser lustigen Dekoration fragten, teilte uns mit, dass am Wochenende eine festliche Parade stattfinden würde, der „crow scare parade“. Die bunten Puppen waren Crow scares, also Vogelscheuchen. Man feierte also ein „Vogelscheuchenfest“, eigentlich passend für das ländliche Kanada.

Überall auf unserer Fahrt sahen wir Häuser, meist aus Holz erbaut, dicht an dicht stehen und eins sah aus wie das andere. Lange Reihen von diesen eintönigen Gebäuden standen oft auch an den Bahngleisen, und ich wage nicht, mir vorzustellen, wie man in solchen einfallslosen Häusern aus der Retorte wohnt. Ich hätte wahrscheinlich schon Probleme, die richtige Hausnummer zu finden.

Die große Ausnahme sind die Luxusvillen der reichen Leute, die meist auf riesengroßen, herrlich gelegenen Grundstücken erbaut sind und alles Exklusive in den Schatten stellen, was ich jemals sah. Und wir haben viele davon gesehen.
In einem kleinen Ort, Blue Mountain, an der Georgian Bay verbrachten wir zwei schöne Tage. Wir hatten Glück mit unserem Motel, das entfernt von dem Highway direkt am Waldesrand lag. Unsere Unterkunft bestand eigentlich nur aus einem großen schönen Raum, der mit einer Trennwand aus edlem, braun glänzenden Holz, in die eine Durchgangstür und zwei Schränke (einer nach vorne, einer nach hinten) eingebaut waren und den Raum auf diese raffinierte Weise in Schlaf- Wohn- und Küchenbereich aufteilte.

Auf unseren kleinen Ausflügen am Wasser der Bay entlang machten wir einige Entdeckungen: auf einem verwahrlosten, nicht bebauten, aber sehr schön direkt am See gelegenen Grundstück, mussten einmal einige Gebäude gestanden haben: überall sahen wir noch die Fundamente und Überreste von Mauern. Ein altes, nicht mehr funktionsfähiges Schwimmbad lag vor uns im hellen Sonnenschein, und in unserer Phantasie sahen wir Kinder und Erwachsene fröhlich im Wasser plantschen. Aber wie lange mag das schon her gewesen sein?

Auf dem Gelände fanden wir eine rätselhafte große Holzstele mit eingeschnitzten, fremdartigen Figuren, wahrscheinlich einen indianischen Totempfahl.

(Zu der Bedeutung eines Totempfahls - aus dem Internet „Was ist was?

Vor ihren Häusern der Indianer standen Totempfähle, die eigentlich Wappenpfähle heißen. Welche Bedeutung haben die Wappenpfähle?

"Der Totem ist für viele Indianer die Darstellung eines bestimmten Tieres oder einer Pflanze, zu der sich der Indianer oder ein Stamm zugehörig oder verbunden fühlt. Ein Totem ist wie ein Beschützer oder Helfer.

Die Indianer, die am Meer und an den Flüssen lebten, hatten feste Wohnstätten. Sie hatten immer genug Fisch zu essen und mussten nicht mit Herden weiterziehen. So bauten sich die Kwakiutl, Tlingit oder Haida Häuser aus Zedernholz.

Diese Indianer waren handwerklich sehr geschickt und schnitzten kunstvolle Masken, aber auch reich verzierte Totempfähle. Eigentlich müsste man diese Totempfähle als Wappenpfähle bezeichnen. Diese Gedenkpfosten erinnerten an wichtige Ereignisse in der Geschichte eines Clans, also einer Familie. Sie stellten auch die Tiere dar zu der sich diese Familie zugehörig fühlten oder die sie beschützen sollten. So zum Beispiel Dachse, Wale oder Biber oder die doppelköpfige Schlange Sisitul. Diese Tiere galten als Urahnen der Menschen."

So wie auch in Europa alte, eingesessene Familien Wappen als Familienzeichen haben, so war auch der Totem so ein Familienzeichen.

Ganz im Hintergrund entdeckten wir dann noch Überreste eines Baumpfades, einige Leitern baumelten kreuz und quer in dem Geäst. Wir bahnten uns einen Weg durch das dichte Schilf und erschraken uns fast zu Tode, als zwei große Rehe an uns vorbei in Richtung Wasser entflohen.

Von unserem Vermieter, dem wir von unserer Erkundungstour berichteten, sagte uns, dass dieses Grundstück irgendeinem reichen Amerikaner gehörte, der sich aber schon jahrelang nicht mehr hätte blicken lassen. Dazu möchte ich bemerken, dass Grundstücke an dieser wirklich wunderschönen Georgian Bay sündhaft teuer sind und auch sehr selten noch zu haben sind.

In Honey Harbour, immer noch an der gleichen Bucht, wohnten wir in einem großen, leider ziemlich herunter gekommenen Cottage, von dem wir jedoch einen zauberhaften Blick auf das Wasser und die dort liegenden Boote hatten. Es waren zumeist Motorboote, weil diese sich offensichtlich für diese Gewässer besser als Segelboote eignen. Jeden Morgen wurden wir von einer großen Gruppe Wildgänse geweckt, die schnatternd aus dem Wasser stieg und auf dem grünen Rasen ihr Frühstück einnahm.

Hier in Honey Harbour trafen wir einige Amerikaner aus dem Staat New York, die, wie sie sagten, schon seit 50 Jahren hier in „dieses Paradies“ kämen. Das spricht ja wohl für die Schönheit dieses kleinen Platzes an der Bay.

Private property – No trespassing
Auf unserer Fahrt in Richtung Süden entlang der Georgia Bay entlang stellten wir fest, dass fast das gesamte Ufer in privater Hand ist. Wir sahen wundervolle, sündhaft teure Villen, deren Lage für Fremde keinen Zugang zur Bay zuließe. Als normaler Tourist kann man das Ufer nur an ganz wenigen freien Badestellen betreten. Noch nie in meinem Leben habe ich so viele Verbotsschilder „Private property – No Trespassing“ gesehen. (privat kommt übrigens von dem lateinischen Wort „privare“ = berauben! Interessant, nicht?)

Wir selbst ignorierten einige Male einfach diese Schilder und schlängelten uns durch eine Lücke zwischen zwei Villen hindurch zum Wasser. Die betreffenden Häuser wirkten und waren auch menschenleer und von seinen Besitzern offensichtlich für den langen kalten Winter bereits „eingemottet“.
Mangel besteht ebenso an freien, kostenlosen Parkplätzen in den Städten und auch sogar in den Waldgebieten der Nationalparks, überall sahen wir nur Schilder „No Parking“ und das auch mitten in der freien Natur.

Montreal und Quebec-City

Die über tausend Kilometer, die zwischen uns und diesen Städten lagen, legten wir nicht per Auto, sondern per Eisenbahn zurück. So lehnten wir uns in unseren Sitzen genüsslich zurück und ließen die kanadische Landschaft an unseren Augen vorbeiziehen.

Das Reisen mit der kanadischen Bahn ist sehr angenehm. Die ganze Abfertigung gleich der auf einem Flughafen. Die Passagiere müssen etwas früher da sein und sich an einem bestimmten Gate einfinden. Sie werden dann von Bahnangestellten zu ihrem Zug geleitet. Es gibt kein Gedränge und Geschubse, wie das in Deutschland speziell auf großen Bahnhöfen der Fall ist. Alte Leute und Familien mit kleinen Kindern werden bevorzugt behandelt und beim Aussteigen stehen immer hilfsbereite Bahnleute zur Verfügung.

Während unserer Zugfahrt nach Montreal und Quebec (in beiden Städten blieben wir je zwei Tage) sahen wir, dass fast jeder Reisende mit mobilem Internet unterwegs war, sehr viele Leute auch schon mit den bei uns noch sündhaft teuren Tablet-PCs. Im Abteil herrschte also ausgeprägtes Schweigen, angeregte Gespräche zwischen den Reisenden fanden nicht statt. Wohin wird uns diese Entwicklung noch führen, dachte ich bei mir. Jeder Mensch wird durch das Internet zu einem eigenen Planeten, der glaubt, keine menschlichen Kontakte mehr zu brauchen. Wir selbst hatten nur Bücher und Soduko dabei, die alten klassischen Mittel der Zerstreuung.

Montreal mit 3.428.300 Einwohnern war unsere erste Station, empfanden wir als schöne, aber sehr geschäftsmäßige Stadt. Wir sahen sehr viele, teilweise sehr schöne Kirchen, viel Jugend, hastiges Getriebe. Vor der McGill-Universität, die malerisch in einer sehr schönen Gegend liegt, stießen wir auf eine Demonstration: eine Gruppe von Menschen waren „bewaffnet“ mit Töpfen und schlugen im Kreise gehend auf diese mit ihren Kellen ein. Eine Frau sagte uns, dass es sich um die Demo des Staffs handele, das sich in Bezug auf seine Arbeitsbedingen schlecht behandelt fühlte. Der Streit ginge schon über ein Jahr. Wir wünschten ihr viel Glück und schlenderten weiter.

In einer wunderschönen Kathedrale mit Gottesdienst machten wir Halt und verweilten ein bisschen in Meditation. Ein langer Spaziergang quer durch die schöne Altstadt führte uns zu dem Hafen am Sankt-Lorenz-Strom, und wir staunten über die ungeheure Größe dieses Flusses.

Die Provinz Quebec und Quebec City
Die Provinz Quebec hat 7.241.400 Einwohner - dies entspricht rund 24 Prozent der kanadischen Gesamtbevölkerung. Die größte Provinz Kanadas erstreckt sich über eine Fläche von 1.540.680 qkm und ist in vielen Gesichtspunkten ein Land für sich. Sie ist doppelt so groß wie Texas und sieben Mal so groß wie Großbritannien. Sie erstreckt sich rund 2.000 Kilometer von Norden nach Süden und 1.500 Kilometer von Osten nach Westen. Sie erstreckt sich vom fruchtbaren St. Lorenz Flachland bis zu den riesigen Weiten des Baffin Island und die nördlichen Seen. Quebec grenzt an vier US-Staaten (New York, Vermont, New Hampshire, Maine). Im Westen grenzt Quebec an Ontario und im Osten an New Brunswick.

Quebec City mit 687.200 Einwohnern - war das Endziel unserer langen Zugfahrt quer durch das Land.

Viele Dichter haben über diese schöne Stadt am Sankt-Lorenz-Strom geschrieben. Deshalb zitiere ich gerne die Worte von Albert Camus, die er 1946 geschrieben hat:

„Diese großartige Landschaft Quebecs! An der Spitze des Diamantfelsens, vor der gewaltigen Öffnung, die der Sankt Lorenz-Strom bildet, verschwimmen Luft, Licht und Wasser in unendlichen Proportionen. Zum ersten Mal auf diesem Kontinent fühlt man wahre Schönheit und Größe.“

Damals in Amerika war es San Francisco, das uns bezauberte. In Kanada kam Quebec auf den ersten Platz. Ähnlich wie San Francisco wirkt Quebec wie eine europäische Stadt. Der Name der Stadt ist übrigens auch indianischen Ursprungs und heißt übersetzt: „da wo sich der Fluss verengt.“

Das berühmte Hotel Château Frontenac, erbaut im Jahr 1893 im Stil eines französischen Loire-Schlosses, liegt direkt am „fleuve laurien“, dem mächtigen Sankt-Lorenz-Strom und von den Dufferin-Terrassen, der Promenade vor dem Hotel blickt man auf die eindrucksvolle Kulisse des mächtigen, sagenumwobenen Gewässers. In den zwei Tagen unseres Aufenthaltes in dieser Stadt pilgerten wir oftmals über diese schöne Promenade, die nur einen Steinwurf von unserem kleinen Hotel lag und konnten uns an der grandiosen Kulisse kaum satt sehen. Selbst bei Regenwetter war es schön, hier entlang zu schlendern. Das gleiche dachten auch andere Besucher, die mit ihren Kameras die besondere Atmosphäre des Platzes einfangen wollten.

An einem schönen Nachmittag machten wir einen Spaziergang entlang der Befestigungsmauer und den Abrahamsfeldern, wo 1759 die entscheidende Schlacht zwischen Franzosen und Engländern stattfand. Von einem Aussichtspunkt hatten wir einen tollen Blick auf den mächtigen Sankt-Lorenz-Strom und blickten einem kleinen weißen Segelboot nach, das wie in den mächtigen Fluten wie ein winzig kleines Spielzeug aussah.

Das Wetter war, bis auf unseren letzten Abend, sehr schön und sonnig, so dass wir in der Vieille-Ville in einem Straßencafé im Freien sitzen und das Treiben der geschäftigen Stadt beobachten konnten.

Beim Schlendern durch die Straßen entdeckten wir eine große Bäckerei mit Restaurantbetrieb, wo wir unseren kleinen Hunger mit einer heißen schmackhaften Suppe und einem frischen Brötchen stillten. Wir lauschten den französischen Weisen eines eifrig spielenden Akkordeonspielers und fühlten uns wie in Paris.

Unsere drei Wochen Kanada waren angesichts der Größe des Landes nur wie ein Tropfen auf den heißen Stein. Um dieses Land wirklich kennen zu lernen, braucht man sehr viel Zeit. Es gibt soviel zu sehen und unendlich viele schöne Plätze zu entdecken, besonders in den zahlreichen Nationalparks, die Kanada in weiser Voraussicht wegen des drohenden Ausverkaufs des Landes für alle Menschen eingerichtet hat. Allein auf der Bruce gibt es den Bruce Peninsula National Park, den Fathom Five National Marine Park, an der Georgian Bay den Georgian Bay Island National Park, um nur einige zu nennen.

St. Catharines, hässliches Entlein am schönen Lake Ontario
Wenn wir nicht im Land unterwegs waren, verbrachten wir unsere Zeit in St. Catharines, dem Wohnort meines Sohnes. Sein Haus ist eine zentral liegende Doppelhaushälfte und wie alle Häuser komplett aus Holz gebaut. Direkt gegenüber konnten wir ein Trupp Zimmermänner beobachten, die in Windeseile das Dach eines Neubaus erstellten. Wie Äffchen kletterten sie, natürlich angeseilt, in schwindelnden Höhen herum. Ein großer Kran führte ihnen die einzubauenden, vorgefertigten Holzteile zu. Es war einfach unglaublich, in welch atemberaubender Geschwindigkeit und welch großer Geschicklichkeit das Haus unter ihren Händen wuchs. Alle Häuser in diesem Viertel werden nach einem bestimmten, etwas verspielten Stil erbaut, mit nur geringfügigen Änderungen.

Eigentlich hatte ich mir vorgestellt, vom Haus meines Sohnes aus einen großartigen Blick auf den See zu haben und das Wasser plätschern zu hören. Das blieb leider eine schöne Phantasie. Es gab keinen plätschernden Wogen, und die Aussicht war, wie schon erwähnt, auf die Baustelle mit den kletterfreudigen Zimmermännern. Das „Zentrum“ der Stadt ist eine lange und langweilige Straße mit nur wenigen attraktiven Läden. Auch in dieser Stadt kauft man in den malls ein. Ein Laden ist zu erwähnen, ein riesengroßes Bücherantiquariat, in dem man tausende von Bücher aller Genre finden kann.

Dieser Laden wird übrigens von einer Jüdin geführt, die, wie sie mir erzählte, einen Großteil ihrer Familie in deutschen Konzentrationslagern verloren hat. Trotzdem ich Deutsche war, sprach sie sehr freundlich mit mir und erkundigte sich ausführlich nach einigen deutschen Städten, die sie von früher noch kannte.

St. Catharines hat einen sehr schönen Yachthafen, Port Dalhosie am Lake Ontario. Hier liegen in frischer Brise eine Menge schöner Schiffe, vor allen Dingen Segelboote. Der Ontariosee ist übrigens 18900 qkm groß. Alle Seen zusammen (Ontario, Erie, Huron, Michigan, Superieur) haben eine Fläche von 245 000 qkm und liefern ein Drittel des gesamten Süßwasservorrats der Welt. Das Klima des südlichen Ontario (gleicher Breitengrad wie Neapel) ist im Sommer warm und im Winter kalt, in Quebec sogar bis -30 Grad C.

Aufgrund des warmen Sommers wird in Ontario Wein angebaut, und zwar ein sehr guter, wie ich feststellen konnte. Ich habe auch den von meinem Sohn produzierten Rotwein probiert, er war hervorragend, und wir gaben unser Bestes, seinen Vorrat zu dezimieren. (Viele Privatleute stellen hier ihren eigenen Wein her). Auf unserer Fahrt zu den Niagarafällen, ca. 16 km von der Stadt entfernt, kamen wir an vielen großen, sehr gepflegten Weingütern vorbei. Auch Obst und Gemüse gedeihen in diesem günstigen Klima sehr gut. Die von meinem Sohn gezüchteten Tomaten und Gurken waren eine Delikatesse, im Gegensatz zu den in Deutschland erhältlichen Tomaten aus Holland, die nach nichts schmecken.

In dem kleinen, aber sehr schönen Park von St. Catharines fand an zwei Wochenenden Ende September ein großes, mehrtägiges Weinfest statt, das sehr gut besucht war. Alle Weingüter aus der Umgebung, die etwas auf sich hielten, waren hier vertreten und boten ihre Weine zur Probe an. Es war ein lustiges Völkchen, das sich auf dem schönen Gelände unter großen, sich bereits leicht verfärbenden Bäumen eingefunden hatte und sich am Wein und anderen Leckerbissen labte. Die flinken schwarzen Eichhörnchen, die sonst das Gelände in ihrem Besitz haben und wieselflink durch die Bäume zu springen pflegten, waren nicht zu sehen. Wahrscheinlich hockten sie verängstigt in ihren Bauten und fragten sich, was die vielen lustigen Menschen in ihrem Revier zu suchen hatten.

Es gibt überall hunderte dieser kleinen, schwarzen Luftakrobaten mit dicken Puschelschwänzchen. Einer davon kam auch regelmäßig in den von Obst und Gemüse strotzenden kleinen Garten meines Sohnes und stibitzte Tomaten, die er dann, elegant auf der Oberkante des Zaunes balancierend, mit Genuss verspeiste.

Unser Besuch der Niagarafälle war für uns auch interessant, wobei natürlich die eigentlichen Fälle, der amerikanische und der kanadische, wirklich ein eindrucksvolles Naturschauspiel sind. Wir wanderten zusammen mit ganzen Heerscharen von Menschen aus aller Herren Länder die schöne Uferpromenade entlang und blickten hinunter auf das weiß schäumende Wasser des Niagara-Flusses, in dem in regelmäßigen Abständen die Schiffe der berühmten Schiffsgesellschaft „Maid of the Mist“ auftauchten und Hunderte von Menschen so nahe wie möglich an das herunter donnernde Wasser brachten. Alle Passagiere waren fest in dunkelblaue Wasser abstoßende Umhänge gehüllt, um nicht ganz pudelnass wieder an Land zu kommen.

Die Stadt Niagara ist ein einziger Witz: sie besteht aus Spielhöllen, Geisterbahnen, billigen Kneipen und Geschäften, die nichts anderes als Tinnef an die Leute bringen wollen. Der kleine Ort wird überragt von glänzenden, hoch in den Himmel strebenden Luxushotels, aus deren Höhe man sicher einen wundervollen Blick auf das ganze Szenario der beiden schönen Wasserfälle hat.

An einem angenehm warmen Nachmittag unternahmen wir in St. Catharines einen kleinen Spaziergang an einem Fluss, dem Three-Miles-Creek, der uns mit seinem grünen, reißenden Wasser aufgefallen war. Zu unserer Freude gab es einen schönen Weg am Fluss entlang, an dessen Ufer viele Hinweisschilder auf die Gefährlichkeit des schnell fließenden Flusses hinwiesen. Durch das Gestrüpp bahnten wir uns einen Weg bis hin zum Ufer des wilden Gewässers. Ein Blick in die über uns sich neigenden Bäume und wir sahen, wie fruchtbar das Land Ontario ist: wilde dicke schwarze Traubenreben in Hülle und Fülle hingen zum Greifen nahe über uns. Natürlich probierten wir sie: sie schmeckten süß und sehr gut.

Leider wurde unser schöner Gang entlang dieses grünen, wilden Flusses jäh durch einen mit einer dicken Kette gesicherten Zaun beendet. Wieder einmal lasen wir:

„No trespassing! Private property of General Motors…….”

Ja, so richtig lange Wanderwege, wie wir sie von Deutschland her kennen, sind mit Ausnahme der National Park Trails in Kanada nicht vorhanden.
In meinem Bericht konnte ich leider mangels hinreichender Informationen nicht auf die First Nations, die Indianer, eingehen. An dieser Stelle möchte ich nur eine Textstelle zitieren, die ich irgendwo gefunden habe und auch mit dem freíen Zugang zu Land zu tun hat:

"Ohne Land haben Indianer keine Seele, kein Leben, kein Dasein, keinen Sinn. Land ist Bestandteil unseres kulturellen und wirtschaftlichen Überlebens" - dies sind die Worte eines indianischen Sprechers, der im Zusammenhang mit dem Bau des Alaska-Highway auf das besondere Verständnis der Urbevölkerung von ihrem Land und damit von ihrer Lebensgrundlage nachdrücklich hingewiesen hat.“

Und ganz zum Abschluss noch ein paar Daten bezüglich der First Nations:
In Kanada gibt es rund 50 verschiedene Sprachen und Dialekte der Urbevölkerung. Der Algonkin-Gruppe gehören rund 60% aller Indianer Kanadas an. Es folgen die Athapasken (8,4%), Irokesen (8%), Salish (7,5%) und Inuit (7,4%).

Heute leben in Kanada rund 300.000 Indianer, soweit sie als "registered indians" in Stammeslisten geführt werden. Nimmt man die Mischbevölkerung der Métis hinzu, so erhöht sich die Zahl auf ca. 800.000.

Nachwort:
Bei der Vorbereitung dieses Reise nach Kanada fiel mit per Zufall ein altes Buch von A.E. Johann in die Hände mit dem einfachen Titel: „Nach Kanada sollte man reisen.“

Ich habe mit Begeisterung in diesem Buch gelesen und mir ein sehr gutes Bild von dem Land Kanada machen können. Es ist ganz bemerkenswert, mit welcher Liebe und Begeisterung dieser Autor von seinen Reisen durch dieses große, schöne Land berichtet. Sollten Sie es einmal mal in die Hand bekommen und nach Kanada reisen wollen, einfach lesen.

Idar-Oberstein, im Oktober 2011
Autor: Gisela Bradshaw

6. November 2009

Madagaskar - ein etwas anderer Reisebericht

Ein Reise nach Madagaskar im September 2009










Madagaskar – ein etwas anderer Reisebericht


PROLOG


Barfuss lief sie unter sengender Sonne die lange Straße entlang, die sich irgendwann am Horizont im Staub verlor, vorbei an elenden Hütten, aus denen zerlumpte Menschen starrten, Männer, Frauen, Kinder mit riesengroßen schwarzen Augen in leeren, Staub verkrusteten Gesichtern. Sie sah ausgestreckte Hände bettelnd in ihre Richtung ausgestreckt, einen großen Vogel, der sich seine Brust aufriss, um mit seinem Fleisch und Blut seine Jungen zu füttern. Wo bin ich, fragte sie sich, ist es die Hölle oder nur ein schlechter Traum, der bald vergeht. Sie richtetet ihren Blick nach vorne, hin zu den Bergen, die wie blaue große Schiffe verheissungsvoll im hellen Licht des Horizontes schwammen. Eine Fatamorgana sagte sie sich, da will ich hin, nur noch ein kurzes Stück, und ich habe es geschafft, diesem Alptraum zu entrinnen. Sie wachte auf, schweißgebadet.


Antananarivo/Madagaskar

Antananarivo, eine Stadt, in der Armut
Macht hat über alles Leben und
Tod im Gepäck mit sich führt,
eine Stadt mit Menschen,
wie Hunde durch Müll bedeckte Straßen krieched
und mit Händen wie schwarze Klauen
flehentlich bettelnd gen Himmel gereckt,
mit kleinen Babies,
an schlaffen Brüsten ihrer Mütter hängend
die in stinkendem Dreck
an dunklen, zugigen
Straßenecken kauern,
schmutzigen kleinen Buben,
geliehene Babies im Arm,
im steten Fluss des Verkehrs
nach Almosen rufend,
mit zugigen Straßen,
an deren grünen Rändern
ausgezehrte Kühe grasen.

Eine Stadt mit Luft zum Schneiden dick
Und gesättigt mit Abgasen einer Million uralter Vehikel,
die sich Lindwurm-artig durch die Lande quälen,
quer durch einen Strom von Menschen,
die ihr Leben, wie es scheint, auf der Straßen leben.
Eine Stadt mit brutalen Banden,
die Hatz machen auf Reiche mit blinkenden Ketten,
chicen Taschen und allem Schnickschnack
einer anderen, besseren Welt,
Männer, die stehlen und rauben
aus der Not heraus
und bereit sind, sich alles mit Gewalt zu nehmen.
Antananarivo, eine Stadt des Elends,
Der Hoffnungslosigkeit und Gewalt,
eine Stadt der Verdammten.

Antananarivo, Hauptstadt von Madagaskar,
einer Insel von bezaubernder Schönheit,
mit atemberaubenden Blicken über weites braunes Land
begrenzt von Hügelketten, die sich am fernen Horizont,
unseren schweifenden Blicken entzogen,
in berückender Vielfalt vertiefen,
mit ockerfarbenen Häuschen zwischen Bougainvilleas
in verschwenderischer Fülle blühend
Reisfeldern in leuchtendem Grün,
Yakarandas in sonnendurchglühtem Violett.
Madagaskar, ein Land, das lächelt
mit Menschen, die Gastfreundlichkeit leben,
trotz Armut, die ihr Schicksal ist,
ein Land der Gegensätze,
von überwältigender Vielfältigkeit,
ein Land, das verdammt zu sein scheint
von einer bösen Macht
die Menschen versklavt und
allen Reichtum mit allen Mitteln
für sich selber nimmt

Was führte mich nach Madagaskar?

..... dieser Insel, deren Namen ich von größter Jugend her durch dieses oft gesungene Volkslied kenne: “Wir lagen vor Madagaskar und hatten die Pest an Bord”...


Wahrscheinlich wäre ich nie in dieses Land gekommen, auf die viertgrößte Insel der Erde (neben Grönland, Neuguinea und Borneo), wenn es nicht meine Tochter hierher verschlagen hätte.

Ich hatte Air Madagaskar gebucht mit Abflugort Paris. Ich würde allen empfehlen, dies nicht zu tun, weil es nämlich recht umständlich ist, vom Gare de l’Est zum Airport Charles de Gaulle zu gelangen. Zunächst einmal muss man mit seinem Gepäck, das ja manches Mal nicht gerade leicht ist, zum Gare du Nord (ein Fußweg, der über schweißtreibende steile Treppen ohne Lift führt). Dort muss man dann einen Metrozug nehmen, die einen nach einer recht langen Fahrt zum Flughafen bringt. Da ich schon eine ganze Ewigkeit nicht mehr in Paris gewesen war und mich mit der Metro nicht mehr auskannte, wandte ich mich an einen freundlichen jungen Schwarzen, der mir zuvorkommend behilflich war. Leider beging ich dann aber doch einen schwerwiegenden Fehler: ich vergaß, die gezogene Metrokarte wieder aus dem Automaten herauszunehmen und stand dann ziemlich ratlos an dem Ausgangsautomaten, für den ich diese Karte benötigte. Ich fühlte mich ein gefangenes Tier, konnte weder vor noch zurück. Weit und breit war auch niemand zu sehen, der mir vielleicht hätte helfen können. Außer mir war es noch eine kleine Gruppe Spanier, die vor demselben Problem stand. Sie diskutierten wie wild, fanden aber offenbar auch keine Lösung.

Ich musste so schnell wie möglich einen Weg finden, aus dieser Falle herauszukommen. Meine Überlegung, einfach über die Sperre herüber zu klettern, verwarf ich, weil ich nicht wegen ungebührlichen Verhaltens auf französischen U-Bahnhöfen in Schwierigkeiten kommen wollte. Zudem waren meine beiden schweren Koffer ein Hindernis. Was also tun? Mit dem Mut der Verzweiflung haftete ich mich mit meinem Gepäck an die Fersen eines Mannes und ging dicht hinter ihm einfach durch die sich öffnende Stange am Ausgang. Ein Koffer und ich schafften es, der andere blieb leider in dem sich schnell wieder schließenden Durchgang stecken. Mit dem letzten Mut der Verzweiflung zerrte ich so lange, bis er auf meiner Seite war. Ich blickte noch einmal kurz zurück, sah die erstaunten Mienen von einigen Reisenden und ganz hinten die immer noch verzweifelt debattierende Gruppe der Spanier. Wie mögen sie es wohl geschafft haben, auf die andere Seite zu kommen.
Jetzt stand meinem Flug nach Madagaskar nichts mehr im Wege.

“Madagaskar ist eines der faszinierendsten Länder unseres Planeten. Die Insel liegt ca. 400 km vor der Küste von Mozambique und erstreckt sich über 590.000 Quadratkilometer mit einer Länge von 1600 km und einer maximalen Breite von 600 km. Ein Gebirgszug, der von Nord nach
Süd verläuft, teilt Madagaskar klimatisch in zwei Hälften: in die feucht-tropische Osthälfte und die trockene Westhälfte. Dazwischen liegt das zentrale Hochland mit einem Übergangsklima, dessen höchste Erhebungen 2900 m über dem Meer liegen. Vor 180 Millionen Jahre wurde Madagaskar vom Urkontinent Gondwana getrennt. Bedingt durch diese lange Isolierung hat sich auf Madagaskar eine völlig eigenständige Flora und Fauna entwickelt. Berühmt ist Madagaskar für die Lemuren, Halbaffen die ausschließlich in Madagaskar vorkommen. Weniger bekannt ist die einzigartige Pflanzenwelt, von der mehr als 80% endemisch sind, d.h. sie kommen nur in Madagaskar vor. Die Vegetation Madagaskars ändert sich gemäß dem Niederschlag, von Ost nach West.

Vegetationszonen und Flora

An der Ostküste erstreckt sich immergrüner Tieflandregenwald, der mit zunehmender Höhe in den immergrünen Bergregenwald übergeht. Das zentrale Hochland beherbergt in den östlichen Ausläufern Bergregenwald, der sich mit abnehmendem Niederschlag in einen Trockenwald ändert. Im Südwesten der Insel findet sich ein sukkulentenreicher Trockenbusch mit Euphorbien, Aloen und der in Madagaskar endemischen Pflanzengattung der Didieraceen.

Durch Wanderfeldbau, Abholzung und Viehzucht sind alle natürlichen Lebensräume in Madagaskar äußerst bedroht. Man schätzt, dass nur mehr etwa 15% der ursprünglichen Vegetation vorhanden sind. Bereits aus dem Flugzeug kann man die gewaltigen Erosionsschäden erkennen, die durch den Raubbau an der Natur entstanden sind. Flüsse verteilen die rote Erde Madagaskars kilometerweit ins Meer.

Die Pflanzenwelt Madagaskars ist extrem artenreich, jüngste Schätzungen belaufen sich auf etwa 12.000-13.000 Pflanzenarten, davon alleine 4220 Baumarten und mehr als 1000 Orchideenarten. Bei jeder Expedition werden neue unbekannte Pflanzenarten entdeckt.”

Quelle: internet: http://www.floramadagascar.org/index.html

Tierarten

Dreißig Lemurenarten hat die Insel. Lemuren stellen die ältesten noch lebenden Vertreter der Primaten dar und sind stark gefährdet. Zudem haben einige Arten wie die Indris eine religiöse Bedeutung für die einheimische Bevölkerung. Diese glaubt, dass sich Menschen nach ihrem Tod in diese Tiere verwandeln.

Siehe auch unter “Ausflug in den Osten Madagaskars”, ein Punkt, an dem ich auf die mit den Lemuren verknüpften Legenden zurückkomme.

Die Amphibien der Insel sind nicht minder interessant. Wissenschaftler schätzen, dass etwa 92 Prozent der insgesamt 300 Schlangen-, Chamäleon- und Geckoarten endemisch sind, ebenso fast alle der 150 Froscharten. Aber damit nicht genug: Neben 250 Vogelarten beheimatet die Insel rund 3.000 verschiedene Schmetterlingsarten.

Ein kleiner Artikel in der hiesigen Zeitung beschäftigt sich auch mit einer Riesenspinne (Gruppe Araneae), die Forscher in Madagaskar entdeckt haben. Es handelt sich um die bisher größte Radnetzspinne der Welt. Allerdings erreicht nur das Weibhcne der Art Nephila kimaci die stolze xxl-Größe: die Beinlänge misst bis zu zwölf Zentimeter bei einer Körperlänge von knapp vier Zentimetern. Die Männchen sind allerdings fünfmal kleiner. Diese Tiere spinnen kräftige Netze, die oft einen Radius von mehr als einem Meter haben.


Bei einem Ausflug in Antananarivo zeigte mit einer meiner Guides eine ähnlich riesengroße Spinne, die er wie selbstverständlich in seine Hand nahm.

Gerade eben rief mich unser Gärtner zu sich in Garten hinaus und zeigte mir einen seltenen, sehr großen beigen Schmetterling mit einer wunderschönen Musterung aus weißen runden Linien und schwarz-roten Augen. Das ca. 20 cm lange grüne Chamäleon mit seiner braunen Linie und weißen Punkten auf dem Rücken, das in unserem Garten wohnt, ließ sich heute leider nicht blicken, wird aber sicher irgendwo an einem sicheren Plätzchen sitzen und auf Insekten warten. Normalerweise hat es seinen Platz in dem Eukalyptus-baum vor dem Haus.

Begegnung mit einer Stadt

Anfang September 2009 hatte ich meine erste Begegnung mit Antananarivo, der Hauptstadt der Insel. Ich sah eine Stadt, die mir völlig unübersichtlich erschien und mich wegen des kolossalen Schmutzes und der verlotterten Gestalten abstieß. Erst nach und nach konnte ich mich ein wenig an die Zustände gewöhnen, die wirklich menschenunwürdig und im hohen Maße ungerecht sind.

Meine Tochter und ich fahren einkaufen, zu einem großen Supermarkt namens JUMBO. Auf dem riesengroßen Parkplatz, lässig an einen Pfeiler gelehnt, stehen zwei blutjunge gut aussehende Soldaten mit Maschinenpistolen nonchalant in ihren Händen. Beim Aussteigen grüsse ich sie freundlich, und sie lächeln ebenso nett zurück. Lieber eine gute Miene machen, denke ich fatalistisch, als eine Kugel in den Rücken zu bekommen. Der Supermarkt ist riesig, es gibt alles, was das Herz begehrt, dies gilt aber nur für die Leute mit genügend Ariaris (die Währung der Insel) in den Taschen.
Auf der Rückfahrt geraten wir wieder in ein Verkehrschaos, fahren vorbei an Buden, an Händlern, die auf der Straße im Schmutz sitzen und wertlose Ware anbieten. Zum Teil sind dies gebrauchte Hosen, Hemden, Fellmützen (dies im Sommer!)

Hinter einem schönen Pflanzenstand und dekorativen großen Keramik-gefäßen zieht sich kilometerweit ein elender Slum hin. Alles ist grau in grau und unbeschreiblich schmutzig. Wie können da nur Menschen wohnen, frage ich mich. Besonders in der Regenzeit, wenn sich der graubraune Lehmboden in eine zähe Masse verwandelt, muss es die Hölle dort sein. Irgendwann frage ich jemanden, warum diese Slums überhaupt existieren. Man würde den Menschen keinen Wohnraum zur Verfügung stellen, war die Antwort. Die Gründe aber liegen woanders. Das Land ist total verarmt, wurde und wird noch immer von wenigen Leuten an der Regierung ausgebeutet und die Ressourcen der bodenschatzreichen Insel an andere Länder verschachert. In diesem Spiel mischen auch im großen Stil die Chinesen mit, die sich im Land etabliert haben und im Tausch gegen lukrative Geschäfte das ganze Land mit billigstem Plastikkram und mit heißer Nadel genähte Mode überschwemmen. Die Bewohner der Insel, die rechtmäßigen Besitzer, gehen wie eh und je immer dabei leer aus.

Wir kommen auch an dem jetzigen Präsidentenpalast vorbei, ein großes weißes Haus, das recht repräsentativ aussieht, aber zu meinem Erstaunen nicht in einer besonders vornehmen Gegend steht. An einer der großzügig angelegten Avenuen sehe ich einen total ausgebrannten Supermarkt, der bei den politischen Unruhen vom Mob im Frühjahr gestürmt und geplündert wurde. Hier versammeln sich seit einiger Zeit viele Menschen, die lauthals gegen die jetzigen Zustände demonstrieren. Diese Demos finden in regelmäßigen Abständen statt, und sehr oft gleicht dann die Innenstadt einer mit bewaffneter Polizei gespickten Festung. Es ist alles andere als ruhig auf der Insel, und wenn man im Internet ein bisschen herum stöbert, bekommt man mit, dass sich ganz im Hintergrund all der Unruhen etwas Schlimmes zusammenbraut. Wegen dieser unsicheren politischen offenbar auf der Kippe stehenden Situation ist der Tourismus fast gänzlich eingebrochen, was man überall auch zu hören bekommt. Die Gesichter Weißer aus dem europäischen Ausland kann man zählen.

Unsere Fahrt geht bergauf und bergab. Antananarivo ist von der Lage her eine wunderschöne, von unzähligen bebauten grünen Hügeln umgebene Stadt. Ein Blick von oben herunter zeigt ihre ganze landschaftliche Schönheit. Von dem ganzen Elend unten ahnt man hier nichts. Wir kreuzen auch die Hauptstraße der Stadt, den Boulevard de l’Indépendance, der sich großzügig, jedoch meist mit einem unwahrscheinlichen Verkehrschaos repräsentiert. Bei jedem Stopp - wir kommen nur im Schneckentempo vorwärts - heften sich Dutzende von Händler mit Waren an unseren Wagen, kleine Kinder, halbblinde Jungen. Eine Frau sehe ich, die sich wie ein Hund auf dem Boden mühsam fortbewegt, wahrscheinlich ist sie ein Opfer der Polio. Das Elend dieser Menschen ist unbeschreiblich. Plötzlich habe ich ein schlechtes Gewissen, gut genährt und gekleidet in einem großen Nissan Geländewagen zu sitzen und von oben herab auf diese Armut und Not herunterzublicken.

Meine Tochter steuert ihr großes Gefährt unbeirrt und gleichmäßig durch das Chaos, lässt sich auch nicht von einigen sehr aggressiven Fahrern, die ihr den Weg abschneiden wollen, aus der Ruhe bringen. Nur ab und zu macht sie sich mit einem kräftigen Fluch Luft. Auf den Straßen Tanas herrscht das Gesetz der Stärkeren, das musste ich immer wieder feststellen.

Ein paar Tage später mache ich dann meinen ersten Alleingang in dieser wilden, schmutzigen Stadt. Ich gehe los ohne Tasche, nur mit einer kleinen Flasche Wasser in der Hand. Wasser braucht man hier immer. Die Abgase der vorbeifahrenden Autos, Taxis und Mopeds sind sehr unangenehm und verursachen Durst. Ich befinde mich noch in der oberen Stadt (ville haute), die einiges schöner als die darunter gelegenen Viertel ist. An einem kleinen Park mache ich an einem Aussichtspunkt halt und fotografiere den herrlichen Blick auf die Stadt.


Ich komme zu der Avenue de l’Indépendance, wo täglicher Markt ist. Nach kurzer Zeit stelle ich fest, dass ich von einigen Kindern verfolgt werde, die sich durch nichts verscheuchen lassen. Plötzlich taucht ein älterer Mann auf, den ich instinktiv mit diesen Kindern in Zusammenhang bringe. Und es stimmt: sie gehören zusammen. Der Mann selbst hat zwei sehr schöne Ammonite, die der mir für 60 000 Ariari (ungefähr 18-20 Euro verkaufen will.

Ich lehne zunächst strikt ab, einige mich aber mit ihm auf ungefähr die Hälfte des Preises. Auf keinen Fall will ich jedoch mein Geld, das ich in einem dicken Bündel in meiner Hosentasche habe, vor den Augen des nunmehr auf ca. 20 Personen angewachsenen Kreises herausholen und abzählen. Halb lachend, halb verzweifelt sage ich in französisch:

« Gardez la distance, s’il vous plaît!!” Je ne suis pas Madonna « !

Die Leute lachen, starren mich aber weiterhin gierig an. Ein Taxifahrer, der das Ganze mit verfolgt hat, öffnet den Schlag seines Wagens und bietet mir an, im Fond des Autos mein Geld abzuzählen. Er scheint verstanden zu haben, dass ich mich durch die mich umlagernde neugierige Menge sehr bedrängt fühlte. Ich krabbele also in den alten Wagen, zähle mein Geld und verlasse schnell das Gefährt. Wenn ich gewusst hätte, was mir an einem der nächsten Tage blühen würde, hätte ich mich nicht so leichtsinnig verhalten.

Ich gebe dem Verkäufer schnell sein Geld, gucke noch einmal misstrauisch in die Tüte, ob er mir auch die Steine eingepackt hat und bitte ihn, seinen Kindern zu sagen, mich nicht weiter zu belästigen. So schnell wie ich kann, mache ich mich aus dem Staub. Für diesen Tag habe ich genug von Märkten und aufdringlichen Menschen.

Nach diesem Intermezzo auf dem Markt war ich äußerst nervös und reagierte richtig wütend, als mir jemand von hinten meine kleine Wasserflasche entreißen wollte. Ich denke noch, das ist ja wirklich nun das Letzte, dass man hier auch nicht vor halbleeren Wasserflaschen halt macht, drehe mich und blicke in das hübsche Gesicht eines Mitreisenden aus dem Flugzeug, den ich schon längst in Tamataw glaubte. Er lachte sich kaputt über meine Reaktion und meinte, dass ich mich offensichtlich noch nicht so recht an diese Stadt gewöhnt hätte. Er hatte Recht! Leider trug dann auch mein nächstes Erlebnis nicht gerade dazu bei, diese Stadt wirklich in mein Herz zu schließen.

Der Raubüberfall

Meine Tochter und ich waren auf dem großen Markt im Quartier 67 Ha unterwegs, um dort ein paar kleine Sachen zu kaufen. Ich hatte ein kleines Chamäleon aus Stroh im Visier. Kaum hatte ich meinen Wunsch geäußert, setzte sich sofort fast der ganze Markt in Bewegung und schleppte Chamäleons in allen Größen und Farben an, das größte war ca. 1 m hoch und sah eher aus wie eine Giraffe. Ich machte den Leuten klar, dass ich nur ein kleines Tier wollte, daraufhin wurden Tiere in allen möglichen kleinen Größen vorgeführt. Man machte mir Preise für Chamäleons im Doppelpack. Nein ich wollte keinen Zoo, sondern nur ein einziges Tier! Die Aufregung bei den Händlern erreichte ihren Höhepunkt, so dass ich aus purer Verzweiflung eins der Tiere griff, bezahlte und fluchtartig den Markt verließ.

Ich hatte meine kleine Handtasche mit meinem Paß, etwas Geld fest unter dem Arm. Wir wollten nur noch einen Stand mit afrikanischen Stoffen Ausschau halten, der irgendwo hier in diesem Quartier sein sollte und schlenderte zu Fuß in sengender Hitze die völlig überfüllte, total verdreckte Straße herunter. Ab und zu machte ich halt und hielt eins der bizarren Bilder mit meiner kleinen neuen Canon fest, die sich mir boten. Hier könnte man auch den Film „1000 und eine Nacht drehen“, dachte ich noch im Weitergehen.

Irgendjemand muss uns auf unserer Route, die mitten durch dieses Quartier führte, gefolgt sein und beobachtet haben. Auf einer Kreuzung - meine Tochter ging ein paar Schritte vor mir her - wurde ich blitzartig aus dem Hinterhalt von einem Mann angegriffen.

Mit gezieltem Griff schnappte er sich meine Kamera , die ich mit einem Band am Handgelenk versehen fest in der rechten Hand trug. Durch die Wucht des Angriffs wurde ich mitgerissen; trotzdem versuchte ich mit aller Gewalt, meine Kamera nicht aus der Hand zu lassen. Der Dieb rannte jedoch so schnell, dass loslassen musste, und so fiel ich mit voller Wucht und Geschwindigkeit frontal zu Boden. Alles war so blitzschnell gegangen, dass ich nicht einmal Zeit zum Schreien hatte. Offensichtlich ist man in Momenten dermaßen gelähmt und kann nicht um Hilfe rufen.

Als ich mich unter Schock stehend aus dem Müll der Straße aufgerappelt hatte, sah ich den Mann nur noch von weitem, wie er schnell wie der Wind die Straße herunter rannte. Meine Tochter hatte alles viel zu spät mitbekommen. Trotzdem versuchte sie, den Dieb zu verfolgen, aber der war innerhalb kürzester Zeit in den dunklen Gassen des Quartiers verschwunden.

Eine Ladenbesitzerin, die natürlich von dem eigentlichen Geschehen nichts mitbekommen hatte, lud mich mitleidig ein, mein total verschmutztes Gesicht und meine ramponierte Kleidung in ihrem Laden etwas zu Ordnung zu bringen. Andere Leute, die an der Straße standen, hatten auf unsere Frage natürlich auch nichts gesehen. Teilweise stecken einige Leute dort mit den Räubern unter einer Decke, oder sie haben Angst vor deren Repressionen.

Noch nie in meinem Leben war ich in einer Situation, die so furchtbar und so demütigend war. Ich hatte nicht nur einen nachhaltigen Schock, sondern auch einige Verletzungen an meinen Knien und Händen davon getragen, und mein ganzer Körper war mit Blutergüssen übersät. Später erfuhr ich, dass dieses Quartier genannt "67Ha" eines der ärmsten und folglich kriminellsten
Viertel in Tana ist und dass man da besser überhaupt nicht oder nur mit einem bodyguard hingeht. Andere Leute erzählten mir von ähnlichen Raubüberfällen, die teilweise noch brutaler waren, weil dabei Macheten oder Messer im Einsatz waren, die man den Opfern an den Hals hielt. Geld oder Leben, ist die Devise.

Es dauerte einige Tage, bis ich wieder den Mut hatte, in der Stadt herumzulaufen. Jetzt wusste ich, dass ich keinerlei Wertgegenstände mitnehmen durfte, keine Kameras, keinen Schmuck, keine Handtasche. Am besten, man trägt alles Notwendige direkt am Körper, aber selbst dann kann man überfallen werden oder von einigen Krimellen umringt werden, die einen zur Herausgabe von Geld zwingen.

Erst eine Woche spaeter, als ich den Überfall einigermaßen verdaut hatte, suchte ich das Hotel de Police auf und erstattete dort Anzeige gegen Unbekannt. Ich musste den Tathergang auf Französisch beschreiben, und nach langen umständlichen Prozeduren erhielt ich dann von einem der Polizeibeamten eine Diebstahlsanzeige. Die Männer, die dort als Polizisten Dienst machten, waren gewöhnungsbedürftig. Zum Teil saßen sie nur tatenlos herum, rissen Witze, telefonierten oder bohrten einfach nur in der Nase. Der Polizeioffizier allerdings, der mich beriet, machte einen solideren Eindruck und auch der junge Mann, der auf einer uralten Maschine mit zig Durchschlägen alles noch einmal eintippte, erschien mir auch seriös. Und vor allen Dingen: erstaunlicherweise hat mich diese Anzeige keinen Pfennig gekostet, dies in einem Land, wo man als Ausländer für alles zur Kasse gebeten wird.

Spaziergänge und Touren

Die Rova - Präsidentenpalast hoch über der Stadt

“Mit 1,5 Millionen Einwohner ist Antananarivo nicht nur die größte und modernste Stadt auf Madagaskar, sondern war über viele Jahrhunderte hinweg auch das Machtzentrum der madagassischen Könige. Ihre Palastanlage ist heute die größte Sehenswürdigkeit der Stadt.
Die Könige bauten ihre Rova (Palastanlagen) auf die 1462 m Höhe mitten in den Analamanga, den blauen Wald, mit einem fantastischen Blick auf die Stadt.

Der erste der sechs Hauptpaläste wurde 1610 von König Andrianjaka errichtet. Im Laufe der Jahrhunderte baute jeder König seinen eigenen Palast und die dazugehörigen Häuser für seinen Hofstaat und die Familie. Die zahlreichen Paläste verteilten sich auf die sieben heiligen Hügel des Merina Volkes. Insgesamt hatte die Rova eine Größe von über 13.000 m².

Alle Gebäude waren aus Holz gebaut, aus diesem Grund wuchsen in einem Umkreis von 100 km keine Bäume mehr. Steine wurde nur zu rituellen Zwecken oder als Opfersteine zugelassen.
Erst 1868 erließ Königin Ranavalona II. ein Gesetz, wonach die Häuser aus Ziegelsteinen gebaut werden und die Dächer mit Schindeln, statt mit Stroh eingedeckt werden mussten. Mit der Ankunft der Franzosen Ende des 19. Jahrhunderts wurde aus den Königspalästen ein nationales Denkmal.

Am 6. November 1996 brannte die Rova durch Brandstiftung fast völlig nieder. Nicht nur die historischen Gebäude, sondern auch das kulturelle Erbe Madagaskars und unschätzbare Kunstgegenstände wurden ein Raub der Flammen. Mit Hilfe der UNESCO wird die Rova seit 1996 wieder aufgebaut.

Auch wenn aufgrund der Schäden nicht alle Gebäude besichtigt werden können, so lohnt sich doch ein Ausflug dorthin. Am besten bucht man eine historische Stadtführung, die umgerechnet etwa 30 Euro kostet und wird einen Tag durch die historische Altstadt und durch die Rova geführt. Zu sehen sind das nördliche Tor, die evangelische Kirche und die Königsgräber. Die Arbeiten am Hauptpalast sind fast beendet, und es können bereits wieder einige Räumlichkeiten besichtigt werden. Vor allem der einzigartige Blick auf den Regenwald und die bunte Altstadt machen einen Besuch der Paläste zu einem Erlebnis. Viele Details über die Rova erhält man hier.”

(Quelle: Internet www.touring-africa.de)

Das Tor des Palastes zeigt einen Adler als Symbol militärischer Stärke, einen Phallus als Zeichen der Beschneidung und dementsprechende Würde. Unser Führer erzählte uns, dass alle kleinen Jungen im Babyalter beschnitten werden müssen, so verlangt es die Tradition, und dass die kleine Vorhaut des Kindes mit einem Stück Banane vom Großvater des Kindes gegessen wird.

Der Palast selbst wurde unter der Königin Ranavalona I vom einem schottischen Architekten namens James Cameron aus Stein und einem Holzdach sowie Interieur aus Holz erbaut. Noch immer kreisen Raben auf dem Gelände herum, die als heilige Vögel gelten, weil sie einmal einen der Könige vor einem feindlichen Angriff gewarnt haben. Auf dem Palastgelände befinden sich die königlichen Gräber in Form von Holzhütten, die von den Einheimischen verehrt und besucht werden, um Segen zu erhalten.

Die Königin Ranavalona I kam 1828 an die Macht und begann ein 33 Jahre langes Abschlachten ihrer Untertanen (ca. 25% fielen ihr zum Opfer). Sie galt als sexuell unersättlich, hatte unermesslich viele Liebhaber, die sie nach Bedarf und getanen Diensten meist umbrachte. Wenn jemand krimineller Machenschaften verdächtig wurde, musste die angeklagte Person unter ihrer Aufsicht Gift trinken. Nur wenn sie es erbrachen, galten sie als unschuldig. Die meisten überlebten jedoch diese Grausamkeit nicht. Unter ihrer Regentschaft wurde das Christentum verboten und alle Kontakte zu Europa auf Eis gelegt, was eine totale Isolierung der Insel mit sich führte.

Erst unter ihrem Nachfolger Radama II wurde Zwangsarbeit abgeschafft und Religionsfreiheit wieder eingeführt. Missionare kamen wieder ins Land, und das Christentum wurde zur Hauptreligion des Landes. All dies ist nur ein kurzer Blick auf die wechselvolle, teilweise sehr grausame Geschichte des Landes. Wer sich für die Geschichte dieser Insel interessiert, findet in zahlreicher Literatur mehr darüber.

Kurzer Nachtrag: Ganz in der Nähe der Rova gibt es ein kleines verträumtes Gartenlokal, “Grill du Rova”, wo man gut essen kann und von wo aus man einen tollen Blick hinunter auf die Stadt hat. Empfehlenswert!

Die Croq Farm

Bei dieser kleinen Spazierfahrt wurde ich von Lala und einem anderen Guide begleitet. Lala hatte sich bei mir als richtiger Guide vorgestellt, was er aber nicht war, wie es sich herausstellte. Die Croqfarm liegt in der Nähe des Flughafens Ivato und ist ein kommerzielles Unternehmen, das Krokodile züchtet, aus deren Haut dann alle denkbaren Dinge hergestellt werden, zu hohen Preisen versteht sich.

Es gibt dort also eine große Menge von kleinen und großen Krokodilen zu sehen, wir hatten auch das Glück, ein Lemurenpärchen zu treffen, das gerade gefüttert wurde. Das Weibchen hatte ein Baby dicht am Körper, sehr süß. Außerdem beherbergt diese Farm Chamäleons, die immer wieder faszinierend zum Anschauen sind sowie die in Madagaskar seltenen Fossas, eine Art Raubkatze.

Ein sehr netter engagierter Tierwärter führte uns herum, dem man anmerkte, wie sehr er an seinen Tieren hängt. Die Krokotaschen und Portemonnaies ließ ich selbstverständlich links liegen. In Deutschland ist es inzwischen ein nachhaltiges Tabu, Produkte aus diesen Tieren zu kaufen. Andere Länder sind wahrscheinlich in dieser Richtung nicht so zimperlich, für viele Leute muss eben doch alles rar und entsprechend teuer sein.

Noch kurz zu Lala, der sich mir als Guide angeboten und entsprechend kassiert hatte: schon bei der Besichtigung der Rova gab es Schwierigkeiten, ein anderer offizieller Guide hatte uns durch die Ausstellung geführt und mich mit viel Wissen über die Königsfamilie überrascht. Dieser Guide haftete sich an unsere Fersen und fuhr wie selbstverständlich weiter mit uns mit zu der oben genannten Croqfarm. Lala, der hätte wissen müssen, dass der andere Ansprüche auf eine großzügige Bezahlung stellen würde, hätte dies verhindern müssen. Zum Schluss war ich einmal wieder die Dumme und hatte zwei Guides zu bezahlen.

Lala brachte dann das Fass zum Überlaufen, als er mir tagsdrauf stolz verkündete, er würde mich auf einen Gewürzmarkt bringen. Der stellte sich nach einer langen Fahrt durch die staubige Stadt als eine Riesenfabrik heraus, wo nur Großhändler einkaufen.

Von einem Gewürzmarkt keine Spur. Spätestens jetzt war meine Geduld mit meinem unfähigen Guide zu Ende. Nach einem langen Marsch wieder zurück durch dreckige und stinkende Straßen bezahlte ich ihn kurzerhand und ließ ihn stehen. Aus solchen Dingen lernt man aber, und ich bin überzeugt, dass es vielen Leuten so ergeht, wenn sie das erste Mal in diese Stadt kommen und sich mit den Gepflogenheiten auseinander setzen müssen.

Ausflug zum alten Königspalast in Anbohimanga

Ich hatte das Glück, diesen Ausflug einmal nicht in einem der zahlreichen schrottreifen Taxis zu machen, sondern in einem dezenten modernen Wagen mit Chauffeur und in Begleitung eines freundlichen Herrn, der bei einer der zahlreichen internationalen Organisationen in Madagaskar arbeitet.

Bevor wir nach Anbohimanga fuhren, machten wir noch auf dem großen Markt La Dingue auf der Straße nach Ivato einen Stopp, um dort ein paar Sachen zu erstehen.
La Dingue ist ein riesengroßer Markt bestehend aus vielen Ständen, die alle entlang eines Kanals aufgebaut sind. Hier kann man alles kaufen: Steine, Handarbeiten, Taschen, Vanille, Keramik, Tischdecken, praktisch alles.

Wie immer artete unser Besuch in einen Spiesrutenlauf aus, weil sich alle Händler hoffnungsvoll auf uns stürzten und alle zum Zug kommen wollten. Mein Begleiter hatte Humor, als er auf einem Stand nach einer Tasse Kaffee fragte: sofort setzte sich ein Tross von Leuten in Bewegung, um ihm seinen an diesem Platz exotischen Wunsch zu erfüllen. Es ist ihnen dies jedoch nicht gelungen. Stattdessen tranken die beiden Männer an einem mehr als obskuren Stand - auf einem Tisch lagen dort vor sich hingammelnde Fische, die zum Himmel stanken - eine Cola; ich verzichtete gerne auf jedwede Getränke und war froh, so schnell wie von diesem übel riechenden Ort wegzukommen.

Nach dieser Episode setzten wir dann in unserem Luxusgefährt unsere Fahrt zum alten Königspalast fort. Sobald wir aus dem Gewimmel der Stadt herauskamen, wurde die Landschaft immer lieblicher und viel sauberer. Schließlich kamen wir dann in einer Gegend an, die von grandioser landschaftlicher Schönheit war.

Bevor wir uns jedoch den Ort Anbohimanga und den alten Palast näher anschauten, nahmen mein Begleiter und ich erst einmal in einem sehr einfachen, aber wunderbar gelegenen kleinen Restaurant unser Mittagessen ein. Das sehr schlichte Haus hatte eine kleine, wie ein Vogelnest an dem Gebäude angebaute Terrasse, von der aus man einen überwältigend schönen Blick auf die herrliche Umgebung hatte. Hier zitiere ich mich selbst:


“....mit atemberaubenden Blicken über weites braunes Land
begrenzt von Hügelketten, die sich am fernen Horizont,
unseren schweifenden Blicken entzogen,
in berückender Vielfalt vertiefen,
mit ockerfarbenen Hütten zwischen Bougainvilleas
blühend in verschwenderischer Fülle,
mit Reisfelder leuchtend grün, Eukalyptusbäumen,
Yakarandas in sonnendurchglühtem violett....”


Als wir die kleine Terrasse betraten, taten sich gerade zwei Kätzchen auf einem der noch nicht abgeräumten Tische an den Resten einer Mahlzeit gütlich. An einem anderen Tisch saß ein Franzose mit einer jungen Madagassin, der uns versicherte, dass das Essen hier ganz vorzüglich sei. Dies war es auch, und wir genossen das köstliche Huhngericht pikant serviert auf Reis und einem kühlen Bier mit großem Appetit.

Danach begannen wir den Aufstieg hoch zu dem Palast, der wie alle anderen Paläste hier im Land auch eine interessante Geschichte hat.

Dieser Ort (21 km von Tana entfernt - blauer Hügel oder wunderschöner Hügel in der Übersetzung) war die ursprüngliche Hauptstadt der königlichen Merina-Familie. Selbst nach der Verlagerung der Hauptstadt nach Antananarivo aus politischen Gründen blieb dieser alte Königspalast ein heiliger Ort, der für alle Vasas (Ausländer) nicht zugänglich war.

Der gesamte Hügel wurde 2001 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt und ist “regarded as the most significant symbol of the cultural identity of the Madagascar people”, wie es in der Urkunde heißt. Der Eingang des Dorfes Anbohimanga ist durch ein traditionelles großes Tor gekennzeichnet, das eines der sieben Tore zu dem Hügel ist.

Auf der einen Seite des Haupttores liegt ein großer, runder flacher Stein, der früher bei Anzeichen von Gefahr von 40 Sklaven vor den Haupteingang gerollt wurde und damit den feindlichen Anfgreifern den Zugang versperrte.

Einige 100 m oberhalb des Ortes liegt die Rova, die festungsartige Burg des mächtigen Königs Andrianampoinimerina. Früher wurden auf dem großen Stein am Eingangstor Sklaven geopfert und viele Pilger, die hierher kommen, um den Segen der königlichen Ahnen zu erbitten, bringen noch heute an dieser Stelle Tieropfer dar. Die Festung wurde mit Zement erbaut, der aus Eiweiß gewonnen wurde. Um die äußere Mauer zu bauen, waren 16 Mio. Eier notwendig. Innerhalb der Mauern steht der hölzerne Sommerpalast der Königinnen von Madagaskar, der von dem französischen Architekten Jean Laborde im Jahr 1870 erbaut wurde. Er ist wunderschön in blau und rot ausgemalt und mit europäischen Möbeln ausgestattet.

Neben dran als totaler Kontrast zu der Eleganz des benachbarten Baues steht der präkoloniale Königspalast aus dem Jahr 1788, der aus einem schwarzen Holzbau besteht. Der zentrale Block ist aus einem einzigen Teil heiligem Rosenholz erstellt, der damals von 2000 Sklaven von der Ostküste herbeigeschleppt wurde. Am oberen Teil der Säule sind zwei Frauenbrüste eingraviert als Zeichen für die Polygamie und folglich Macht des Königs.

Im hinteren Teil befinden sich die Baderäume, in denen der König in Gegenwart seiner zwölf Frauen und anderer Ehrengäste seine jährlichen rituellen Waschungen vollzog. Das Badewasser des Königs galt als heilig und wurde nach der Zeremonie unter den wartenden Bittstellern verteilt.

Ausflug in den Osten Madagaskars

Es folgt ein Bericht über meinen Ausflug in den Osten von Madagaskar. Ich hatte über einen Taxifahrer die Adresse eines Guides bekommen, es war natürlich ein Verwandter von ihm, sein Cousin. Sie waren beide vorbeigekommen und hatten mit mir den Deal ausgehandelt für einen Trip zum Nationalpark La Montadia, zur Vakona Forest Lodge und den umliegenden teilweise privaten Parks.

Der Nationalpark La Montadia (10 000 Hektar), der 17 km nördlich von Analamazaotra liegt, wurde ursprünglich zum Schutz der Indris gegründet. Der Park beherbergt auch zwei weitere Arten Lemuren, den Diadem-Sifaka und den schwarz-weiß-gestreiften Lemur. Der Park ist ein stiller, wunderschöner Ort mit vielen Wasserfällen und im Gegensatz zu den anderen südlichen Parks wenig besucht. Ein Besuch lohnt sich in jedem Fall, besonders für Leute, die Wert auf Ursprünglichkeit legen.

Von den Indris, deren Ruf sehr einprägsam ist und der weit in das Land hinein schallt, weiß man, dass sie nur im Freien und nicht in Gefangenschaft leben können. Bei den Einheimischen heißen sie Babakoto (Vater von Koto), was auf eine Legende zurückgeht, die in zwei Versionen existiert:
Das Wort Indri bedeutet “Schau hoch”. Der Tradition nach handelt die Geschichte von einem Jungen, der auf Suche nach Honig einen Baum hochklettert und herabzustürzen droht. Ein Indri packt ihn und rettet ihm das Leben. Die zweite Version ist die, dass ein Junge namens Koto auf der Suche nach Essen in den Wald geht, aber nie wiederkommt. Suchtrupps machen sich auf, ihn zu suchen, finden ihn aber nicht. In den Bäumen hoch oben sehen sie menschenähnliche Wesen, die laut klagen. Die suchenden Einheimischen nehmen an, dass es sich um die Verschwundenen handelt, die von einem Geist in diese trauernden Wesen verwandelt wurden. Zu Ehren des so aufopfernd suchenden Vaters nannten die Leute die seltsamen Kreaturen Babakoto (Vater von Koto).
Seitdem ist es für die Einheimischen fady oder tabu, Lemuren zu töten und zu essen.

Noch eine Bemerkung zu dieser Geschichte und dem fady (Tabu): es geht die Kunde im Land um, dass sowohl Lemuren als auch Schildkröten eingefangen und gegessen werden. Die Schildkröten würden, so hörte ich, zu exorbitanten Preisen nach Japan verkauft werden. Die Japaner stehen, wie man weiß, sehr auf Schildkrötensuppe. Dies ist nur einer der Skandale, die hier in Madagaskar passieren. Besonders seitdem die politische Situation im Land so prekär ist und die Armut immer größer wird, gibt es für Teile der immer ärmer werdenden Bevölkerung offenbar keine Tabus mehr.

Doch nun zurück zu meiner Tour.

Wir hatten uns so geeinigt, dass ich die Spritkosten und die Mahlzeiten übernehme und dem Guide für seine Tätigkeit pro Tag 25 Euro geben würde. Kurze Zeit später erhielt ich dann eine mail von einer Bekannten, die sich in Madagaskar sehr gut auskennt und die schrieb, dass pro Tag nur eine Summe zwischen 5-10 Euro üblich ist. Ich hatte allerdings bei meinem Deal berücksichtigt, dass der Guide den Wagen stellt.

Und was für einen Wagen! Mir fiel die Kinnlade fast herunter, als er am nächsten Morgen bei mir auftauchte in einem Peugeot, der wahrscheinlich noch unter Charles de Gaulle im Dienst war, mit klemmenden Türen und Fenstern, ohne Sicherheitsgurte, mit nicht funktionierenden Tachoinstrumenten, d.h. keine Kilometeranzeige, keine Spritanzeige, wahrscheinlich auch keine Schnelligkeitsanzeige. Kurzum, das Auto war mehr als schrottreif, eben Standard Madagaskar. Und in solch einem Wagen sollte ich mit ihm (und einem anderen Mann, den er gegen unsere Verabredung mitgebracht hatte und der ihm, wie er sagte, als technicien dienen sollte) die lange Fahrt nach Andasibe (im Osten von Madagaskar) machen.

Zunächst einmal ging die Fahrt zur Tankstelle, wo er “plein” tankte und von mir dann das Geld verlangte. Eigentlich war verabredet gewesen, dass er auf seine Kosten voll tanken sollte und ich dann nach Beendigung der Fahrt wieder den Tank auffüllen würde. Ich gab ihm das Geld, 100 000 Ariari (ein Vermögen für die meisten Leute hier) unter Protest.

Zum Schluss war es dann so, dass er wahrscheinlich noch mit einem reichlich gefüllten Tank aus der Geschichte heraus kam, mit Benzin, das ich gekauft und nicht verbraucht hatte. Leider muss ich sagen, dass ich solche krummen Sachen hier tagtäglich erlebt habe. Diese Leute sind immer auf ihren Vorteil aus und versuchen, den Ausländrn so viel Geld wie möglich abzuknöpfen. . Das ganze Land ist ein einziger Basar. Jeder Preis wird “diskutiert” das heißt verhandelt.

Das Auto war also voll getankt, der erste Ärger verflogen, als auch schon der nächste nahte: Einer der Tankwarte machte meinen Guide darauf aufmerksam, dass eine Flüssigkeit, Benzin!!! auf der Seite des Tanks herauslief, und zwar ein ziemlich dicker Strahl. Alle anwesenden Männer legten sich abwechselnd unter den Wagen, um die Ursache zu erkunden, mit dem Effekt, dass die Kleidung aller mit Benzin getränkt war. In der Zwischenzeit hatte sich eine stattliche Lache Benzins vor dem Auto ausgebreitet. Auf die Möglichkeit, dass irgendjemand mit einer Zigarette eine Explosion hätte entfachen zu können, kam offensichtlich keiner. Niemand streute ein paar Sägespäne auf den Boden; eine solch einfache Sicherheitsmaßnahme war hier offensichtlich unbekannt. Der Wagen wurde dann noch auf die Grube gefahren, um noch genauer die Ursache analysieren zu können.

Plötzlich hörte ich, wie einer der Männer sagte: “Trop plein, trop d’essence dans le reservoir!” Man einigte sich dann auf diese Erklärung, dass der Tank zu voll betankt worden war.

Ich war zwar noch immer skeptisch und wollte aus Sicherheitsgründen fast die ganze Aktion abblasen, bis es meinem Guide gelang, mich umzustimmen. “Il n’y aura pas de problème....la voiture est sûre...”, betonte er gebetsmühlenartig.

Gegen meine eigentliche Überzeugung gab ich doch nach, und los ging das Himmelfahrtskommando. Andrey, der Guide, der sich vor der Abfahrt ein frisches T-Shirt übergestreift hatte, erwies sich zu meiner positiven Überraschung als sehr guter Fahrer, der sein uraltes Vehikel im Griff hatte. Er fuhr zügig, und so hatte ich dann nach einiger Zeit doch ein bisschen besseres Gefühl.

Der Wagen streikte allerdings noch einige Male. Einige Male knallte es explosionsartig unter dem Fahrzeug. Andrey jedoch blieb völlig gelassen und murmelte irgendetwas von “poussière”, Staub, der explodiert wäre. Es war angeblich auch poussière / Staub, der das Auto veranlasste, in einem steilen Berg statt vorwärts rückwärts zu fahren. Dieses Phänomen tauchte noch ein paar Mal auf. Alles sehr merkwürdige, nicht sehr Vertrauen erweckende Vorkommnisse auf dieser Fahrt. Jetzt verstand ich auch,weshalb Andrey einen tecnicien mitgenommen hatte.

Nach knapp drei Stunden hatten wir die Vakona Forest Lodge, die total versteckt mitten im Wald liegt, erreicht. Die recht verblichenen Hinweisschilder auf unserem Weg zur Lodge hatten mich nicht auf ein so hübsches Anwesen schließen lassen. Auf die Frage nach einem Zimmer für mich und die beiden Männer, wurde mir leider jedoch ein exorbitanter Preis genannt, obwohl die Lodge wie ausgestorben erschien.

Mein Einzelzimmer mit zwei getrennten Betten (in dem einen könnten ja die beiden Männer schlafen, meinte die junge Dame an der Rezeption naiv, was ich aber verständlicherweise dankend ablehnte) sollte für Madagaskaer Verhältnisse ein Vermögen kosten, und spezielle Zimmer für die Guides gab es nicht.

Beim Anblick des leeren riesigen Speisesaals und der wenigen Gästen, hatte ich dann jegliche Lust verloren, hier zu übernachten. Für ein kleines Vermögen hätte ich mir eine sicher schlaflose Nacht eingehandelt, und die beiden Männer hätten draußen in der Klapperkiste frierend vor sich hin schnarchen müssen, wenn sie überhaupt hätten schlafen können. Ich musste also meine Pläne ändern.

Erst einmal nahmen wir, ich in Begleitung von meinen zwei dunkelhäutigen Guides, ein Mittagsmahl ein, natürlich auf meine Kosten. Unsere Nachbarn waren ein französisches junges Paar, das öfters mal verstohlen einen fragenden Blick auf unsere merkwürdige Gruppe warf.

Anschließend besuchten wir den Vakona Forest Park. Ich hatte, um Zeit zu sparen, eine ca. einstündige Führung gebucht; die beiden Männer kamen unentgeltlich mit, weil man sich kannte, wie sie sagten. Ein zahnloser, sehr freundlicher und auch kundiger Guide zeigte uns mit viel Liebe in der Stimme seine “Kinder”. Wir sahen Krokodile in der Sonne schmoren, teilweise lagen sie mit weit geöffneten Mäulern. Auf diese Weise kühlen sie sich in der Hitze ein bisschen ab, wie ihr Betreuer uns erzählte. Ganz junge Krokodile dürften nicht bei den Großen bleiben, weil sie unweigerlich von ihren Erzeugern verspeist würden. Apropos Speisung: die Tiere werden einmal in der Woche gefüttert und verputzen dabei Riesenmengen von Fleisch, meist das von Zebus (die übrigens hier allgegenwärtig sind. Sie werden auf den Feldern gebraucht, zum Pflügen, zum Ziehen von Lasten oder zum Verzehr als Grillfleisch. Überall sind Menschen ständig auf der Straße unterwegs und führen ihre Zebus vor sich her. Kleine Buben hüten die Tiere und treiben sie mit einem Stock über die Wiesen. Aus den Hörnern der Tiere ist eine richtige Industrie entstanden: es wird damit Schmuck hergestellt, Schalen, Löffel, praktisch alles, was für diesen haltbaren Werkstoff geeignet ist.

Der Park hat neben den Tieren eine Vielzahl von Pflanzen zu bieten. Am allerschönsten fand ich die Riesenfarnbäume, die mit ihren goldgelben gefächerten Zweigen äußerst dekorativ aussehen, dann die wunderschönen Orchideen, den Vakonabaum (nachdem die Lodge benannt wurde) mit ihren harten flachen Blättern, aus denen ebenfalls Einiges hergestellt wird. So werden zum Beispiel die Dächer der Hütten damit gedeckt oder haltbare Fußmatten gewoben und Körbe geflochten.

Auf der Vakona Forest Lodge gibt es noch einen Zoo: auf einer sehr hübschen kleinen Insel, zu der man mit einem Fährmann übersetzen muss, kann man Lemuren aus nächster Nähe anschauen.Ich konnte mir ohne weiteres gut vorstellen, hier einige interessante Tage zu verbringen, dies aber nur entweder in einer Gruppe oder mit einem netten Partner. So ganz allein hier herumzuwandern, hätte mir keine Freude bereitet. Madagaskar ist ein wildes Land, das viele Abenteuer garantiert, aber diese machen erst dann richtig Spaß, wenn man sie mit jemandem zusammen erlebt.

Aufgrund der etwas schwierigen Situation hatte ich meinem Guide mitgeteilt, dass ich noch am gleichen Tag nach Hause fahren wollte. Wir hatten also nicht sehr viel Zeit für ausführliche Besichtigungen. Um alle Parks zu besuchen, hätte man einige Tage gebraucht. Da ich ja bereits einige Anlagen gesehen hatte, z.B. den Zoo in Tana mit Lemuren (auch nachtaktiven), Krokodilen, Vögeln usw., die Croqfarm vor den Toren Tanas mit Hunderten von großen und kleinen Krokodilen, den wunderschönen kleinen, an einem wildromantischen Fluss gelegenen Lemurenpark an der RN 1, der von einem Franzosen und einem Japanern unterhalten wird, konnte ich meine Entscheidung vor mir rechtfertigen.

Auf unserem Programm stand noch der Lac Mantasu, ein künstlicher, sehr großer See, der im Sommer von den Leuten aus der Hauptstadt Tana sehr viel frequentiert wird. Die 10 km lange Zufahrtsstraße zu dem See hatte es in sich: man hätte eigentlich einen Geländewagen gebraucht, aber Andrey steuerte sein altersschwaches Gefährt gleichmütig durch die zahlreichen Schlaglöcher und über die Unebenheiten der Piste, die wildromatisch vorbei an einem schnell laufenden grünen Bächlein ging. Die Landschaft war, nur ein paar Kilometer weg von dem nächsten betriebsamen Ort, eine Oase der Stille, die nur durch die Explosionen unseres Gefährtes gestört wurde. Wieder einmal war es der poussière, der so knallte und das Auto einige Momente auf mysteriöse Weise rückwärts statt vorwärts fahren ließ.

Hier am See muss an Wochenenden die Hölle los sein. An diesem Abend jedoch war es nur ein stolzer, schlanker Hahn mit seiner Henne, die ihre verliebten Spielchen miteinander trieben. Pflichtschuldig machte ich noch schnell eine Aufnahme vom See eine (ohne Sonne, die bereits untergegangen war

Dann ging es die 10 Kilometer schwierige Schlaglochpiste wieder zurück zur Hauptstraße. Ich hatte starke Bedenken, ob der Karren diese letzte Herausforderung bestehen würde und sah mich schon bei Dunkelheit auf der Straße stehen und eine Mitfahrmöglichkeit nach Tana suchen.

So fuhren wir also wieder die Strecke nach Tana zurück, die übrigens ganz im Gegensatz zu der Strecke an der RN 1 - diese zeichnet sich durch eine wilde, in allen Gelbtönen schwelgende, hügelige und bergige Landschaft mit den typischen ockerfarbenen, sehr pittoresk aussehenden Häuschen aus - viel Baumbewuchs aufweist. Die Hausbauweise war hier im Osten ganz anders: die aus Holz gebauten kleinen Hütten stehen auf Pfählen, die die Insekten aus dem Haus fernhalten sollen.

Wir hatten noch über 50 Kilometer nach Tana vor uns. Es war erst kurz nach 17.00 Uhr, und die Nacht hatte sich schlagartige über das Land gesenkt. So fuhren wir also durch eine stockfinstere Landschaft, nur in einzelnen Hütten brannten kleine funzelige Lichtlein.

Was machten die Menschen so ganz ohne Licht in ihren Hütten? Diese Frage stellte ich mir und dachte mit Wehmut an meine gemütliche, in Licht badende kleine Wohnung zu Hause. Ich würde jedem dringend davon abraten, jemals bei Nacht auf einer madagassischen Straße durch die Lande zu fahren. Die meisten Autos, die uns entgegenkamen, hatten nur ein Licht. Ob unser Fahrzeug vorschriftsmäßig beleuchtet war - ich würde es bezweifeln. Andrey fuhr einen flotten Stil, überholte an Stellen, die schon bei Tageslicht mehr als gefährlich sind, wich zu dicht vorbeifahrenden Wagen geschickt aus. Was uns entgegenkam, alles ohne Beleuchtung:
Trecks von Zebus mit ihren Besitzern, Menschen auf Fahrrädern, ganze Menschenansammlungen, die auf der falschen Straßenseite irgendwohin unterwegs waren, Geflügel, Hunde. Es schien mir, als ob alles, was Beine hatte, an diesem Abend unterwegs war. Am schlimmsten aber waren die riesengroßen Lastwägen, die ihre schwarzen Dieselabgase direkt in unseren Wagen pusteten. Da sich unsere Fenster nicht schließen ließen, wurden wir stundenlang diesem Dieselgemisch ausgesetzt , dass ich fast um meine Gesundheit fürchtete.

Irgendwann einmal war aber auch diese Höllenfahrt zu Ende. In Tana angekommen waren die Häuser wieder ordentlich beleuchtet. Im Gegenteil: der Stadtteil, den wir durchquerten, war ein einziges Lichtermeer; es war ein Nachtmarkt, den wir passierten. Unglaublich viele Menschen waren fröhlich unterwegs, saßen mit ihren Waren auf der Straße und an den Ecken. Männer hatten Gläser in der Hand und taten sich an Bier gütlich. Ich sah viele kleine Kioske, die belagert von Männern, bestens mit Spirituosen aller Art bestückt waren. So war das also, auch in diesem armen Land wurde über alle Maßen getrunken.

Mit diesem Problem waren wir bereits einmal auf eine sehr unangenehme Art und Weise konfrontiert worden. Ein total betrunkener Polizist (der sich, als er hörte, dass wir Deutsche seien, lauthals für Hitler begeisterte) hatte un angehalten und mit sinnlosen Anweisungen schikaniert. Es war eine recht gefährliche Situation, weil solche Leute mit einer gewissen Macht schnell die Kontrolle verlieren können und glauben, alles mit ihren „Opfern“ machen zu können, speziell wenn sie betrunken sind. Als wir endlich nach langem Palaver weiterfahren durften, fiel uns ein zentnerschwerer Stein vom Herzen. Wir hatten uns erfolgreich dem besoffenen Staatsdieners widersetzen können (unter Berufung auf unseren Status als Mitglieder einer internationalen Hilfsorganisation mit grünem Kennzeichen).

Unser Ausflug nach Antsirabe

Wir, meine Tochter und ich, hatten uns für unseren kleinen Ausflug Antsirabe als Ziel ausgesucht. Diese klassische Stadt auf der großen Hochebene liegt ca drei Autostunden südlich von Antananarivo, auf der RN 7 und ist die Hochburg der Pousse-Pousse, der Rikschas, es hat den Anschein, dass auf jede Person ein pousse-pousse kommt. Zu der Zeit der Franzosen war die Stadt ein eleganter Kurort, der für seine reine Luft und die kühlen Temperaturen sehr beliebt war. Heute ist davon nicht mehr viel übrig. So ist das durch seine Fassade ins Auge stechende alte Kurhaus mit seinem schön angelegten Außenbereich außer Betrieb und ein recht nostalgischer Anblick.
Fazit unseres Besuches: man hätte ihn sich sparen können.

Szenen aus Madagaskar

Madagassen, die die sich in regelmäßigen Abständen an den großen teilweise prunkvollen Gräbern ihrer Verstorbenenen (in Form meist von quadratischen gemauerten Häuschen mit Eingang) einfinden, fröhlich feiern, trinken, essen und ……….die Knochen ihrer Ahnen ausgraben, waschen und in frischen Tüchern eingehüllt wieder ins Grab zurücklegen. (Diese für uns makabre Prozedur passiert im Zusammenhang mit dem Ahnenkult besonders der ländlichen Bevölkerung, die sich verpflichtet fühlt, ihre Verstorbenen zu hegen, zu pflegen und ihrer in dieser Weise zu gedenken, auch um zu verhindern, dass ihre Toten einen Fluch auf sie legen.)

Kleinkinder, die fast nackt mitten im Verkehrsgewühl Lehm verschmiert mit laufenden Rotznasen in den Nischen zwischen den Kiosken sitzen und spielen.

Apathisch an Mauern herum sitzende ausgemergelte Männer in Lumpen, die mit verdrehten Augennach innen schauen.

Überall Menschen, den man den Mangel ansieht, tragen etwas bei sich, das sie verkaufen wollen: ein paar Tomaten, Sonnenbrillen, Einkaufstüten eines Luxusladens, Kugelschreiber, Bleistifte, Vanille, Mandelkuchen (mit dem merkwürdigen Aussehen eines dunklen Schwarzwälder Schinkens).

Uralte klapprige Taxen, die fast auseinander fallen und zum Teil immer wieder durch zwei Kabel angelassen werden müssen. Berg runter fahren alle Taxifahrergrundsätzlich mit ausgeschaltetem Motor.

Taxen, die während der Fahrt ein Rad verlieren (erlebt).

Taxifahrer, die vor dem Losfahren das Geld verlangen und dann 1 Liter-Plastik-Flaschen an der Tankstelle mit Benzin oder Diesel füllen.

Pousse-Pousse (eine Art Rikscha mit Männern als Zugmotor), Transportmittel für Menschen und Sachen, auch im Osten der Insel geläufig.

Ein Blumenstand mit herrlichen Pflanzen und Blumen, den ein beißender Geruch nach Fäkalien umweht. Grund: ein tiefes Loch auf dem Gelände, das offenbar als Klosett verwendet wird.

Hinter dem Stand mit Blumen und Pflanzen: ein lang ausgedehnter Slum bestehend aus Hunderten von Bretterverschlägen, in denen die Menschen hausen. Auf dem Gelände Männer, Frauen und Kinder, die in der gleißenden Hitze auf der Erde herumsitzen. An einem schmutzigen, stinkenden Tümpel tummeln sich Enten, Hühner und kleine Küken. Drei kleine Jungs jagen Hühner, die grell gackernd versuchen zu entkommen.

Residenzen von Ausländern, die mit Stacheldraht umzäunt sind und von Heerscharen uniformierter Wachleute beschützt werden.

Elegante Frauen von Bonzen, die sich in dicken Autos von Chauffeuren in Livré durch die Stadt fahren lassen


In glühender Hitze am Wegesrand: Frauen, die bei jedem vorbeifahrenden Auto wie jack off the box kleine zappelnde Häschen hervor zaubern

Frauen auf dem Lande, die am Wegesrand in schwarzen Eisentöpfen kochen und das Essen an Vorbeifahrende verkaufen.

Auf den Märkten magere Hähne, die in glühender Sonne mit einem Fuß festgebunden sind.

Klapperdürre Hunde, die mit gesenkten Kopf die Landstraße entlanglaufen auf der Suche nach einem Platz und Futter. Katzen sind aus mir nicht bekannten Gründen kaum zu sehen.

Auf dem Nachtmarkt: heftig trinkende Männer, die sich vor gut bestückten Alkoholkiosken niedergelassen haben.

Frauen und Männer, die neben einem von Autos dicht befahrenem Boulevard Erde ausgraben und in Säcke verpacken.

Auf der Landstraße: Männer und Frauen auf Fahrrädern, die in kleinen runden Körben eine große Masse dicht eingepferchter Hühner transportieren.

Ein Mann, der mit drei zerzausten Zicklein eine dicht befahrene Verkehrsstraße entlang läuft.

Mein letzter Tag in Tana

Auch diesen letzten Tag verbrachte ich alleine, bis auf den Abend, wo Susanne und ich noch zusammen essen gehen wollen. Nach dem Frühstück mit den beiden Angestellten nahm ich Msanga an die Leine und ging mit ihr einen meiner alten Spaziergänge zu den Reisfeldern. Leider hatte ich keinen Fotoapparat dabei, denn es war dort einfach wunderschön. Ich will versuchen, in Bildern auszudrücken, was ich dort alles sah.

Dicht bei den Reisfeldern sah ich in einem mit braunem Wasser gefüllten Teich wilde Enten, die sich in dem stehenden Gewässer äußerst wohl zu fühlen schienen. Sie tauchten, Köpfchen unter Wasser, ihre Schwänzchen in die Höhe und schnatterten um die Wette. Dann watete ich barfuss mit Msanga, der sich auch sehr wohl zufühlen schien, in die Reisfelder. Ich lief zickzack über die kleinen grünen Dämme, die durch den sumpfigen Boden führten und geriet ziemlich weit in die Felder hinein. Ich sah weiße Fischreiher, die majestätisch fast unbeweglich im Wasser standen, einige rosaweiße Flamingos, die sich mit ihren langen Schwingen elegant in die Lüfte erhoben und von dannen schwebten. Dieser sumpfige Fleck Erde ist ein wahrhaftiges Vogelparadies.

Ich sah einige Madagassen, die mit Sicheln inmitten der Felder Grünzeug abschnitten und mit grauen Säcken abtransportieren.Sie benützen dieses frische Gras sicher zuhause für ihre Tiere. Mitten auf dem Pfad, auf dem ich entlang ging, sah ich plötzlich ein kleines Chamäleon, das sich hurtig in Richtung Gebüsch bewegte.Ich versuchte es mit einem Stöckchen zu leiten, aber es hatte offensichtlich andere Pläne und verschwand dann aus meiner Sicht. Es hatte eine perfekte Tarnung angenommen, dass es einfach nicht mehr inmitten der grünen Umgebung nicht mehr auszumachen war.

Die Reisfelder erstrecken sich weit ins Land hinein, und in weiter Ferne sah ich die Hügel der Stadt und noch weiter weg die hohen im Sonnenlicht bläulich herüber scheinenden Berge. Kaum ein paar Kilometer entfernt von dem Gewühl der dreckigen Innenstadt gibt es hier ein Stück Natur, das dem Geist und der Seele gut tut. Während ich so durch diese schöne Landschaft watete, fühlte ich mich so richtig gut und alles, was mich noch am Morgen bedrückt hatte, war wie weggeblasen. Es war ein schöner stiller Abschied von Madagaskar und der Stadt Tana.

Heimreise

Wenn meine Heimreise nicht so außergewöhnlich gewesen wäre, würde dieser Punkt nicht in meinem Bericht auftauchen. Es fing eine Woche vor meinem Abreisetermin an: Ein freundlicher mit zarter Stimme sprechender Madagasse von Air Madagaskar rief an und teilte bedauernd mit, dass der Rückflug sich um eine paar Stunden verschieben würde. Es seien technische Probleme, die diese Änderung notwendig gemacht hätten. Danach rief dieser freundliche Herr noch drei Mal an und beklagte sehr, dass weitere Verschiebungen notwendig seien.

Die zuletzt genannte Zeit war dann endgültig: wir sollten um 02.30 abheben, würden einen Zwischenstop auf Nosy Be machen und dann sollte es auf direktem Weg nach Paris weitergehen.

Auf dem Flughafen Tana wurde ich von zwei Männern mit Beschlag gelegt, die eilfertigst meinen Gepäckwagen ein Stück durch die Halle schoben und nach getaner Arbeit eine stolze Summe von mir verlangten. Ich reihte mich in die Schlange nach nach Paris ein. Plötzlich tauchten wieder zwei Gepäckträger auf, die freundlichst um mich herum wuselten. Ein dritter Typ mit dem Gesicht eines Mafioso tauchte auf und erzählte mir irgendwas in schnellem unverständlichen Französisch.

Nach längerem Diskutieren verstand ich, was er wollte. Er würde mich um die Gepäckkontrolle herum schleusen – der douanier sei sein guter copain - . Ehe ich überhaupt reagieren konnte, hatte er meinen Gepäckwagen in die First Class Abfertigung gesteuert, wo ich dann auch anstandslos einchecken konnte.

Offensichtlich steckten alle hier Beschäftigten unter einer Decke. Und ich war als Alleinreisende das perfekte Opfer, um abkassiert zu werden. Die Rechnung kam dann auch umgehend: der Mafiosomann teilte mir mit, dass ich jetzt dem douanier ein „cadeau“ geben müsste. Er hätte an 50 Euro oder mehr gedacht. Außerdem müssten ja alle drei ihre Familien füttern und bräuchten auch Geld. Nach langem Hin und Her rückte ich 10 Euro und ein paar wertlose Ariari heraus und verscheuchte die drei finsteren Gesellen.

In Nosy Be teilten uns dann die Flugbegleiter freundlich mit, dass alle Passagiere mitsamt Gespräch auszusteigen hätten. Ein Grund wurde nicht genannt. So bewegte sich dann ein Strom verschlafener Passagiere gehorsam dem Ausgang zu. Von weit her hörten wir schon das wütende Geschrei eines Mannes, der an einem Schalter stand und sich aus irgendeinem Grund mit dem Flughafenpersonal angelegt hatte. Der Mann geriet immer mehr aus der Fassung und setzte sich, als sich die Flughafenleute kommentarlos entfernt hatten, auf den Boden und sprühte sich – offensichtlich war er Asthmatiker – mit einem Spray in den Mund.

Erst jetzt, nach Rückfrage bei einem Mitreisenden, erfuhr ich, dass alle Passagiere komplett neu mit dem gesamten bereits verladenen Gepäck einchecken und durch den Zoll mussten. Diese in unser aller Augen schikanöse Maßnahme hatte offensichtlich den Wutausbruch des Mannes verursacht. Niemand der Passagiere wusste, weshalb Air Madagaskar eine solche zeitraubende und sinnlose Aktion, die insgesamt 3 Stunden dauerte, durchführte.

Der Morgen graute schon, und alle Passagiere hasteten noch immer mit ihrem teilweise voluminösen Gepäck durch die Gegend. Junge Mütter hatten Mühe, ihre Babies zu beruhigen. Ältere Leute fächelten sich verzweifelt Luft zu und trockneten ihre schweißüberströmten Stirne. Von Fledermäusen umschwebt verbrachten wir insgesamt drei Stunden unserer kostbaren Zeit auf diesem kleinen Flughafen. Erst gegen 6 Uhr morgens waren endlich alle Koffer und Gepäckstücke wieder eingecheckt und die Pässe kontrolliert worden. Unsere Reise konnte fortgesetzt werden.

Aufgrund der inzwischen gigantischen Verspätung hatten einige Reisende, die im Transit waren, große Probleme. Ich gehörte auch dazu. Wenn mich Freunde nicht in Saarbrücken abgeholt hätten, wäre ich dort kläglich gestrandet. Nach solchen Erlebnissen werden sicher viele der Passagiere die Wahl ihrer Airline überprüfen.

EPILOG

Vor ihren Augen breiteten sich die terrassenförmigen Reisfelder aus, die sich wie ein grüner Teppich bis zum blauen Horizont erstreckten. Sie hatte ihre Sandalen abgelegt und lief barfuss durch den knöchelhohen Sumpf, der sich glatt und kühl um ihre Füße schmiegte. Die Sonne stand hoch und brannte wie Feuer herunter auf ihre Schultern und ihren unbedeckten Kopf. Der Hund lief von seiner Leine befreit schnell wie der Wind durch die Felder und verjagte mit seinem Gebell die weißen Fischreiher, die wie kleine Statuen unbeweglich im Sumpf gestanden hatten. Wie kleine weiße Segel schwebten sie durch die heiße Sommerluft und landeten elegant mit ihren Schwingen eine kleine Fontäne hinter sich lassend wieder im Wasser.

Dicht neben ihr setzte ein weißrosa Flamingo zu Landung an und blieb majestätisch auf einem zarten schlanken Bein stehen.

Komm mit, sagte er zu mir. Ich will dir die Schönheit dieses Landes zeigen, eine Schönheit, die alle Vorstellungskraft sprengt. Ich zeige dir Berge, zerklüftet und wild, die in allen Farben schillern, blaue Lagunen im hellen Sonnenlicht, ein türkisblaues Meer, das sich weiß schäumend an steilen Küsten bricht.

Wir tauchen hinab hinunter bis zum Grund des Ozeans, schwimmen mit bunten Fischen durch eine Welt der Wunder, die weit weg vom menschlichen Auge im Verborgenen blüht.

Komm mit mir, flieg mit mir bis zum Ende dieses Landes, damit du zuhause berichten kannst von all diesen Wundern und der Eigenart dieser Insel, die auf der Welt einmalig ist. Mit diesen Worten erhob er sich und schwebte wie ein weiß rosa Traum dem blauen Horizont entgegen.

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Autor: Gisela Bradshaw
Antananarivo/Idar, September/Oktober 2009
Mehr Fotos von dieser Reise findet man in meiner homepage www.lyrik-am-fluss.de unter "Reisen)